Wahlkampf im Saarland : Rückschlag für Tobias Hans

Der saarländische Ministerpräsident wollte eine Frau zur Kulturbeauftragten machen, die auf einer Corona-Demo unter einem „Pandemie-Lüge“-Schild mitgelaufen war. Nun attackiert ihn sein Koalitionspartner.
Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) hat zum Wahlkampfauftakt vor der Landtagswahl Ende März einen Rückschlag erlitten. Nur wenige Stunden, nachdem er die saarländische Fotografin und Grafikdesignerin Marisa Winter als für Kulturfragen vorgesehenes Mitglied eines Schattenkabinetts vorstellte, zog sich Winter wieder zurück. Der Grund: Es waren Fotos öffentlich geworden, die sie beim Protest gegen die Coronamaßnahmen zeigen. Winter lief demnach Mitte Januar ohne einen Mundschutz zu tragen auf einer Demonstration unter einem Plakat, auf dem es unter anderem heißt: „Keine Zwangsinjektion“, „Pandemie-Lüge“ sowie „Gott wird euch richten sehr bald“.
Nach ihrem Rückzug aus dem Wahlkampfteam teilte Winter dem Saarländischen Rundfunk mit, sie sei keine Impfgegnerin und selbst gegen Covid-19 geimpft. Sie bedaure es sehr, dass sie auf der Demonstration keine Maske getragen habe, mit dem Schild habe sie nichts zu tun. In einer Erklärung teilte sie weiterhin mit: „Ich war ein Mal auf einer Corona-Demonstration, weil ich als Kulturschaffende ein Interesse am Austausch habe.“
Saar-SPD äußert sich empört
Hans hatte am Mittwochmorgen sein Schattenkabinett bestehend aus neun Personen vorgestellt, darunter Mitglieder seines Kabinetts, aber auch Landräte sowie Personen aus Forschung und Kultur. Es seien allesamt „junge und erfahrene Köpfe“ aus unterschiedlichen Teilen der Gesellschaft, die mit ihm gemeinsam die „Veränderungsagenda für das Saarland anpacken wollen“, sagte Hans bei der Vorstellung.
Die Saar-SPD kritisierte den Vorfall scharf. Generalsekretär Christian Petry teilte mit, Hans habe „jegliche Sorgfalt vermissen lassen“. Der Ministerpräsident müsse erklären, ob hinter der Personalentscheidung und seiner jüngster „Impfpflicht-Wende“ eine Strategie stecke.
Hintergrund ist, dass sich Hans Anfang der Woche ähnlich wie der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz sowie Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) dafür ausgesprochen hatte, die Impfpflicht im Gesundheitswesen temporär auszusetzen, da viele Fragen zur Umsetzung ungeklärt seien.
Der Vorstoß sorgt für Streit in der großen Koalition des Saarlands. Die stellvertretende saarländische Ministerpräsidentin, Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD), warf Hans am Mittwoch vor, „wahlkampftaktisch“ zu agieren. „Es geht um nicht weniger als den Schutz von Kranken und Pflegebedürftigen, da finde ich Ministerpräsidenten, die Opposition spielen, einfach unanständig“, sagte Rehlinger. Im Saarland wird am 27. März der Landtag neu gewählt. In Umfragen liegt die von Hans geführte CDU rund fünf Prozentpunkte hinter der SPD.