Naher Osten : Machtkampf zwischen Arafat und Abbas wegen Regierungsbildung
Knapp drei Wochen nach seiner Nominierung kann der palästinensische Regierungschef Abbas noch immer kein Kabinett präsentieren. Schuld daran soll Palästinenserführer Arafat sein, der seine Kandidaten durchsetzen will.
Zwischen dem Vorsitzenden der Palästinensischen Autonomiebehörde, Jassir Arafat, und dem von ihm ernannten Regierungschef Machmud Abbas ist ein Machtkampf entbrannt, der den Reformprozess in den Palästinensergebieten gefährdet. Knapp drei Wochen nach seiner offiziellen Nominierung ist Abbas nach Angaben gut informierter Kreise in Ramallah noch immer nicht in der Lage, sein Kabinett zu präsentieren.
Schuld daran sei Arafat, der mit allen Mitteln versuche, die Ernennung ihm unliebsamer Minister durch Abbas zu verhindern. Aus Kreisen um Abbas hieß es am Dienstag, der international anerkannte Stellvertreter Arafats innerhalb der PLO werde vermutlich um eine Fristverlängerung für die Kabinettsbildung um weitere zwei Wochen bitten. Sogar ein Amtsverzicht Abbas wird nicht mehr ausgeschlossen.
Ungeachtet des Streites innerhalb der Palästinenserführung würdigte der amerikanische Präsident George W. Bush Abbas am Dienstag. Nach einem Treffen mit dem britischen Premierminister Tony Blair sagte er im nordirischen Hillsborough: „Ich bin zufrieden mit der Wahl von Machmud Abbas.“ Er hoffe, dass der Politiker bald seine Regierung vorstellen werde, damit Washington den Nahost-Friedensplan der Vereinigten Staaten, EU, Russlands und der Vereinten Nationen veröffentlichen können. Dieser sieht unter anderem die Gründung eines lebensfähigen, unabhängigen Palästinenserstaates bis Ende 2005 vor.
Berichten aus Ramallah zufolge will Arafat Abbas zwingen, die meisten der noch von Arafat eingesetzten Minister auch in die neue Regierung zu übernehmen. Der Ministerpräsident wiederum möchte ein völlig neues Kabinett vorstellen, er möchte vor allem die Kontrolle über das Finanzministerium und die Sicherheitsorgane behalten. Bei einem Gespräch mit Vorstandsmitgliedern der Fatah-Organisation Arafats habe er sich laut über die Einmischung des Präsidenten beschwert und mit seinem Rücktritt gedroht. Er habe sogar kurzfristig den Saal verlassen.
Die Ernennung eines Ministerpräsidenten durch Arafat war nach monatelangem massivem Druck Israels und der Vereinigten Staaten, aber auch Europas, erfolgt. Dahinter stand die erklärte Absicht, Arafats fast unumschränkte Macht in den Autonomiegebieten zu beschneiden. Nach einer Verfassungsänderung durch das Palästinenserparlament hat Arafat inzwischen weitgehend nur zeremonielle Funktionen. Allerdings ernennt er den Ministerpräsidenten und hat sich ein Mitspracherecht bei der Regierungsbildung gesichert. Abbas muss seine Regierung spätestens in zwei Wochen vorstellen. Anderenfalls müsste er den Auftrag zur Regierungsbildung zurückgeben.