China und Trump : Schonfrist für Tiktok

Wer den bei jungen Leuten auf der ganzen Welt beliebten Kurzvideokanal Tiktok als Instrument des chinesischen Geheimdienstes ansieht, der die Daten seiner Nutzer absaugt und zudem eine Plattform für Antisemitismus und sonstige Hetze ist, der hat wohl nicht ganz unrecht, hätte aber im Grunde schon lange nach einem Verbot rufen müssen. Oder regelt auch das der Markt, der Wettbewerb der Systeme? Unschöne Inhalte bietet auch die Plattform X des Weltunternehmers und Trump-Adlaten Elon Musk, die ebenfalls von den Daten ihrer Nutzer lebt und wiederum in China verboten ist.
Vor dem Zwangsverkauf?
Bemerkenswert ist, dass das Urteil des amerikanischen Supreme Court zum Zwangsverkauf von Tiktok in den USA nun unter Trump erst einmal nicht vollzogen wird. Allerdings hatte sich Trump schon im Wahlkampf auf die Seite von Tiktok geschlagen – die Plattform ist eben auch ein Mittel, um junge Menschen zu gewinnen.
Ein Grundproblem im Umgang mit erfolgreichen transnationalen Plattformen besteht auch unabhängig vom Zugriff eines autoritären Regimes: die Durchsetzung des nationalen und europäischen Rechts. Es ist keine Zensur, gegen Volksverhetzungen, Verleumdungen, Falschbehauptungen und Kartelle vorzugehen. Dazu braucht es Ressourcen. Die Konzerne sind an das Recht gebunden, unabhängig von ihrer Größe und ihrem Nutzen. Verbote sind das letzte Mittel, aber wenn es nicht anders geht, auch Ausdruck von Freiheit.