Parlamentswahl in Frankreich : Macron kann bald durchregieren

Macron triumphiert auch in der Parlamentswahl. Seine neue Partei deklassiert die etablierte Konkurrenz und Marine Le Pens Front National. Doch das wütende Frankreich ist nicht verschwunden.
Frankreich wird kein unregierbares Land. Im ersten Wahlgang der Parlamentswahlen haben die Franzosen die Pessimisten widerlegt, die behaupteten, der junge Präsident mit seiner noch jüngeren Bewegung werde keine Mehrheit in der Nationalversammlung erhalten. La République en marche (LREM), wie sich Macrons im April 2016 begründete Bewegung inzwischen nennt, hat mit einem Stimmenanteil von gut 32 Prozent aus dem Stand den Spitzenplatz erobert. Es zeichnet sich ab, dass LREM im zweiten Wahlgang am nächsten Sonntag die absolute Mehrheit der Sitze erringen wird.
Frankreich ist damit auf dem besten Wege, in den nächsten fünf Jahren ein berechenbarer Partner Deutschlands zu werden, mit einem Präsidenten, der in der Nationalversammlung Rückhalt für sein Reformprogramm hat. Jubel ist es dennoch nicht geboten. Die Wähler haben Macron keinen Freibrief ausgestellt. Nur jeder zweite Franzose ist zu den Urnen gegangen. Die historisch niedrige Wahlbeteiligung zeugt von der politischen Zerrissenheit des Landes. Viele Bürger wollten sich nicht in das Szenario eines Erdrutschsieges für Macron einbinden lassen.
Das gilt insbesondere für die Anhänger Marine Le Pens, die sich massiv in die Stimmenthaltung flüchteten. Le Pens Partei Front National (FN) hat innerhalb von nur fünf Wochen mehr als die Hälfte der Stimmen verloren. Von einem Stimmenanteil von 33,9 Prozent im zweiten Wahlgang der Präsidentenwahlen sackte der FN jetzt laut Prognosen auf 14 Prozent ab. Marine Le Pen hatte noch im Mai behauptet, ihre Partei werde als stärkste Oppositionsfraktion in die Nationalversammlung einziehen. Jetzt hat sie sogar das Ziel verfehlt, Fraktionsstärke zu erreichen.
Les Républicains (LR) haben sich von der Niederlage Francois Fillons nicht erholt. Mit einem Stimmanteil zwischen 20 und 21 Prozent setzt sich der Niedergang der früheren Präsidentenpartei fort. Noch verheerender fällt nur das Ergebnis für die Sozialisten mit zehn Prozent aus. Die Linkspopulisten um Jean-Luc Mélenchon wurden ebenfalls zurückgestutzt. Das Mehrheitswahlrecht dürfte die Dynamik zugunsten von Macrons Kandidaten im zweiten Wahlgang verstärken. Er sollte jedoch das wütende Frankreich nicht aus dem Blick verlieren, dass nicht zur Wahl gegangen ist.