Frankfurter Problemviertel: Weg mit allen Waffen am Bahnhof

Das Frankfurter Bahnhofsviertel ist schön. Wenn man nach oben schaut. Dann entdeckt man Fassaden, die davon zeugen, was hier einmal möglich war. Leider schauen die hessischen und ausdrücklich nicht nur die Frankfurter Politiker vor allem nach oben. Das gilt seit Jahren. Und es gilt für alle Parteien, die in den vergangenen Jahren Verantwortung trugen. Niemand kann sagen, er habe mit dem nach Urin stinkenden Drogensumpf voller verlotterter Menschen, der jeden Gast in der Stadt empfängt, der aus dem Bahnhofsgebäude tritt, nichts zu tun. Herzlich willkommen in Frankfurt. So sieht es aus: für jeden Alltagsgast, leider nicht mehr für die Gäste der IAA, aber bald wieder zur Buchmesse. Natürlich gibt es keine einfachen Antworten auf die Herausforderung Bahnhofsviertel. Das müsste auch Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) wissen, wenn er am Wochenende plakativ gefordert hat: „Wer durch das Bahnhofsviertel in Frankfurt läuft, sieht: Die Ampel steht nicht für ein Modell, sondern einen Moloch. Wir werden uns das nicht länger anschauen. Dealer gehören in den Knast und nicht auf die Kaiserstraße.“ Kann man so sagen, aber ist das nicht schon längst so? Verquere Logik Oder wenn nicht, welche Partei stellt denn den Innenminister in Hessen? Da hat der FDP-Landtagsabgeordnete Yanki Pürsün einen Punkt, wenn er schreibt: „Das ist maximal unseriös. Oft eingeladen, nie ins Bahnhofsviertel gefolgt: Peter Beuth“, womit dann der Innenminister beim Namen genannt wäre. Nun schafft es andererseits die FDP-Ordnungsdezernentin nicht, in der bunten Frankfurter Koalition gegen die Grünen eine Waffenverbotszone durchzusetzen. Das scheitert angeblich am Pfefferspray, das man den Frauen, die durch das Viertel gehen, nicht vorenthalten möchte. So sieht sie aus, die verquere Logik: erst das Viertel verkommen lassen, Pfefferspray aus Sicht mancher Frauen unumgänglich machen, dann aber den Auslöser exakt dafür nicht angehen. Oder doch? Es gibt ja noch die Sozial- und Gesundheitsdezernentin Elke Voitl (Die Grünen), die ebenfalls für viele Herausforderungen des Viertels zuständig ist. Die gab jüngst zu Protokoll, ihr Ziel sei es nicht, im Bahnhofsviertel eine Postkartenidylle zu schaffen. Man wüsste zwar gar nicht, wer gefordert hätte, ein solches Ziel zu verfolgen, aber hören wir Voitl weiter zu: Ihr Blick gehe zu den Menschen, sagt sie. Natürlich, zu wem denn sonst? Das Problem ist nur, dass das Programm, das sie bisher verfolgt, zwar aller Ehren wert ist, aber Jahre braucht, bis Erfolge wahrgenommen werden können. Und was passiert in der Zwischenzeit? „Die Menschen“, das sind ja auch die anderen, die in der Stadt leben oder Frankfurt besuchen, die im Bahnhofsviertel legale Geschäfte betreiben, Häuser besitzen und vermieten. Die aber stellen gerade fest, dass die Leerstände bei Büro- und Gewerbeimmobilien in dem Viertel immer weiter zunehmen. Fitnessstudio Kieser? Weg. Frankfurter Sparkasse 1822? Weg. McDonald’s? Weg. Die drei Beispiele ließen sich um viele weitere ergänzen. Und dafür gibt es viele Gründe. Wer in der Frankfurter Koalition und in der hessischen Landespolitik glaubt, man käme hier mit gegenseitigen Schuldzuweisungen und spitzfindigen Regelauslegungen rund um eine Waffenverbotszone noch einen Millimeter weiter? In einer entscheidungsfähigen Taskforce müsste man jeden Tag neu auf die Situation schauen und aus dem Geschehen die jeweils passende Antwort aller Akteure ableiten. Es ist Gefahr im Verzug. Und natürlich braucht das Viertel eine Waffenverbotszone, was denn sonst.