Sport mit Flüchtlingen :
Gelebtes Grundgesetz

Anno Hecker
Ein Kommentar von Anno Hecker
Lesezeit: 2 Min.
Nicht nur in Flüchtlingsunterkünften wird Sport betrieben.
Was hat sich dieser Beamte eigentlich dabei gedacht? Schreibt mit dem Siegel seines Finanzamtes eine Art Drohbrief an einen Sportverein - weil sich die Ehrenamtlichen erdreistet hatten, mit Flüchtlingen unentgeltlich Sport zu treiben.
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Was hat sich dieser Beamte eigentlich dabei gedacht? Schreibt mit dem Siegel seines Finanzamtes eine Art Drohbrief an einen Sportverein. Weil sich die Ehrenamtlichen dieses Klubs im Rheinland erdreistet hatten, mit Flüchtlingen unentgeltlich Sport zu treiben, Fußball oder anderes zu spielen. Das soll also nicht gemeinnützig sein, stellte die betroffene Vereinsvorsitzende bei einer Diskussion im „Deutschlandfunk“ mit ironischem Unterton fest. Deshalb also die Post vom Amtsschimmel. Ordnung muss schließlich sein.

Damit alles seine gute Ordnung haben kann in diesem Land, hat der organisierte Sport bisher kaum gemurrt. Obwohl Woche für Woche mehr Sporthallen in Notunterkünfte für Flüchtlinge verwandelt werden. Die Sportnation Deutschland hat so viele Einrichtungen, dass die Solidarität unter den Vereinen bislang ausreichte, die Belegung zu kompensieren. Außerdem ist es kurzfristig wichtiger, Menschen in Not zu helfen, als Purzelbäume zu schlagen. Aber der Deutsche Olympische Sportbund warnt vor einer absehbaren Entwicklung. Wenn es angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen bei der Auswahl von Unterkünften durch die Kommunen keine kreativeren Lösungen gibt, dann blockiert die Politik einen vielversprechenden Weg.

Wie sollen Sportvereine ihre zahllosen Integrationsprojekte und vor allem ihr wunderbar spontanes Engagement fortsetzen, wenn ihnen der Spielplatz genommen wird? Man muss keine Studien bemühen, um zu wissen, dass Sport im Verein Kontakte schafft, ein Kick mit Gleichgesinnten Alltagsärger vergessen lässt, den Akku wieder auflädt, gute Laune schenkt. Wenn das bei den Bürgern der Wohlstandsgesellschaft funktioniert, dann umso mehr bei Menschen, die aus Angst vor Gewalt und Tod ihre Heimat aufgegeben haben und in dieses Land geflüchtet sind. Die Politik tut also gut daran, das Hohelied auf die Vereine, nicht nur des Sports, zu singen. Weil sie sich verlassen kann auf ehrenamtliches Engagement, auf Mitmenschlichkeit, auf die Übersetzung des Grundgesetzes ins Leben. Aber sie muss auch erkennen, wann die Bürger das Gefühl ergreift, alleine gelassen und wegen ihres Idealismus ausgenutzt zu werden.

Die Vorstellung des Finanzbeamten aus dem Rheinland mag noch als einzigartige Realsatire durchgehen. Aber die Aufstockung der Flüchtlingsprojekte im Sport durch die Landesregierung Nordrhein-Westfalen auf sage und schreibe 250 000 Euro ist ein schlechter Witz. 2,50 pro Flüchtling in diesem Bundesland. Chapeau! Der Sport muss wohl lernen, seine Wirkung auf die Gesellschaft besser zu verkaufen. Aber eine gute Politik würde erkennen, wo sie investieren muss. Wer Vereine stärkt, statt sie mit Bürokratie zu überziehen, fördert Integration. Und das ist unbezahlbar.

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