Krisenhilfe für Banken : Tabubrüche

Zentralbanken sind in Finanzkrisen als Retter gefordert. Im modernen Finanzmarktkapitalismus spielen sie eine andere Rolle als vor Jahrzehnten – das können auch ihre Kritiker nicht ignorieren.
In der Eurokrise unterstützte die Europäische Zentralbank die Zahlungsfähigkeit der Banken mit einer sehr großzügigen Bereitstellung von Liquidität. Diese Politik stieß unter anderem unter deutschen Ökonomen auf heftigste Kritik. Ihre zwei Hauptvorwürfe lauteten: Die EZB rette unter dem Vorwand der Liquiditätssicherung kaputte Banken („Konkursverschleppung“), was gegen ihr Mandat verstoße.
Und die EZB akzeptiere als Gegenleistung für ihre Kredite Sicherheiten mit einem fragwürdigen Wert („Müllschlucker“). Ein solch skandalöses Verhalten, so der damalige Befund, sei mindestens unseriös.
In der Krise der Credit Suisse unterstützt die Schweizerische Nationalbank die Zahlungsfähigkeit der Credit Suisse und der UBS mit einer sehr großzügigen Bereitstellung von Liquidität. Diese Politik stößt unter anderem in Schweizer Medien auf heftigste Kritik. Die zwei Hauptvorwürfe lauten: Die Politik habe im Zuge der Anwendung von Notverordnungen zur Rettung der Credit Suisse auch die Unabhängigkeit der Zentralbank eingeschränkt.
Diese Einschränkung, und das ist der zweite Vorwurf, besteht in der eigentlich aus gutem Grund verbotenen Vergabe von Zentralbankkrediten ohne jegliche Sicherheiten. Die „Neue Zürcher Zeitung“ schreibt von „potenziell unlimitierten Blankokrediten“ an die Credit Suisse und von einem „geldpolitischen Tabubruch“, den man gerade von einer „konservativen“ Zentralbank nicht erwartet hätte.
Die beiden Beispiele belegen, warum auch in unserer Zeit ordnungspolitische Betrachtungen vonnöten bleiben. Die Rolle einer Zentralbank im modernen Finanzmarktkapitalismus, in dem sich die ehemals getrennten Konzepte der Geldwertstabilität, Finanzmarktstabilität und Nachhaltigkeit der Staatsverschuldung miteinander verbinden, bedarf einer unaufgeregt, aber auch zielorientiert geführten Debatte.
Traditionalisten, die von der Wiederkehr von Zentralbanken träumen, wie es sie vor 40 Jahren gab, mögen schon den Aufruf zu einer solchen Debatte als weiteren Tabubruch bezeichnen. Eine zukunftsgerichtetes Ordnungsdenken wird aber nur dann eine Renaissance erleben, wenn es sich vorurteilslos mit den heutigen Herausforderungen befasst.