CO₂-Preis als Krücke : Die Ampel denkt wieder einmal nicht zu Ende

Zum einen braucht es einen echten Emissionshandel, keine festen CO₂-Preise. Zum anderen lässt das versprochene Klima- oder Energiegeld auf sich warten.
Eine halbe Lösung ist keine Lösung, das gilt auch für den Emissionshandel. Prinzipiell haben die Liberalen und Finanzminister Christian Lindner (FDP) recht damit, dass die Deckelung und zunehmende Verknappung von handelbaren Ausstoßrechten den richtigen Weg im Kampf gegen die Erderwärmung vorgeben. Der Europäische Emissionshandel ETS zeigt das eindrucksvoll.
Er macht die Gesamtmenge der in die Atmosphäre entlassenen Treibhausgase berechenbar, zwingt zu massiven Reduktionen, treibt Innovationen voran, bringt viel Geld für den Klimaschutz ein und bleibt dabei ein atmendes, äußerst flexibles System.
Es ist kein Zufall, dass die Reduktionsfortschritte in jenen Feldern, die dem ETS unterliegen, am größten sind, vor allem in der Energiewirtschaft und in der Industrie. Und es ist auch richtig, die noch ausstehenden Sektoren Verkehr und Wärme von 2027 an in das bewährte Gefüge aufzunehmen. Beide hinken nicht nur in Deutschland hinterher, weshalb viele Hilfskonstruktionen nötig sind, die umstrittenen „Sektorenziele“ etwa oder das mit viel Mühe über die Ziellinie gebrachte Gebäudeenergiegesetz.
Eine weitere Krücke ist das deutsche Brennstoffemissionshandelsgesetz, das noch unter der großen Koalition beschlossen wurde und als nationaler Alleingang den CO2-Ausstoß im Verkehr und in der Wärmeerzeugung bepreist. Das Verfahren nennt sich Emissionshandel, ist es aber gar nicht, da mindestens bis 2025 feste Tonnenpreise gelten.
In der Energiekrise wurden viele Preissignale ausgesetzt, um die Bürger und Unternehmen die Verknappung nicht über Gebühr spüren zu lassen. Auch über den CO2-Preisanstieg verhängte die Ampel ein Moratorium, das Lindner und seine FDP jetzt aufheben wollen, weil die Belastungen gesunken sind und weil man das Geld im Klima- und Transformationsfonds braucht.
Die Idee ist richtig, bleibt aber auf halbem Wege stecken: Zum einen braucht es einen echten Emissionshandel, keine festen CO2-Preise. Zum anderen lässt das versprochene Klima- oder Energiegeld auf sich warten, die notwendige andere Seite des Anreizsystems. Die Ampel denkt eine gute Sache wieder einmal nicht zu Ende.