Warnstreik des Bodenpersonals : Lufthansa in der Zwickmühle
Ein Schreckgespenst für die Deutsche Lufthansa taucht wieder auf: Es droht, dass in kurzen Abständen immer andere Berufsgruppen in den Ausstand treten. Davon gibt es im Konzern viele, jeder Flugbetrieb hat Piloten und Flugbegleiter, die separat kämpfen. Dazu kommt die große Gruppe des Bodenpersonals, das Verdi an diesem Mittwoch zum Warnstreik aufruft. Bei Passagieren bleibt schlimmstenfalls hängen: Irgendetwas ist immer.
Die geballte Konfliktladung trifft den Konzern, weil viele Tarifverträge gleichzeitig neu zu verhandeln sind. Zudem nahm man sich bei der neuen Tochtergesellschaft Discover sehr viel Zeit, um überhaupt zu einer Tarifierung zu gelangen. Darauf hat man es ankommen lassen.
Die Vielzahl der Konflikte erzeugt nun das falsche Bild, dass es sich mit Lufthansa um einen Konzern handeln könnte, dessen Beschäftigte besonders unzufrieden sind. Tatsächlich zahlt Lufthansa mehr als andere Airlines. Doch nun kämpfen viele Gruppen darum, dass das auch so bleibt.
Geforderte Zugeständnisse in der Pandemie und die zwischenzeitlich hohe Inflation haben den Beschäftigten einiges abverlangt. Nun erwarten sie, dass es auf längere Zeit deutliche – nicht nur nachholende – Gehaltserhöhungen geben solle. Lufthansa hat 2023 wohl einen operativen Gewinn von mehr als 2,6 Milliarden Euro erreicht, das weckt Begehrlichkeiten.
Doch die große Zahl trügt. Lufthansa steht vor großen Investitionen in neue Flugzeuge und neue Sitze, um einen Modernisierungsstau aufzulösen. Das verlangen Passagiere genauso vehement, wie sie Ausfälle durch Streiks ablehnen. Beiden Kundenwünschen zugleich zu genügen ist schwer, es ist eine Zwickmühle, die Tarifkonflikte nicht vereinfacht.
Gerade beim Bodenpersonal gibt es viele, die nicht zu den Besserverdienern zählen. Im Flugbetrieb der Kernmarke Lufthansa hat der Konzern Gehaltshöhen entstehen lassen, mit denen fast nur noch auf Fernstrecken profitabel geflogen werden kann.
Der Aufbau von Betriebseinheiten mit niedrigeren Gehältern hilft nur begrenzt. Er setzt die Einsicht der dort Beschäftigten voraus, dass zum Wohle des Konzerns nicht alle hoch verdienen können. In den aktuellen Konflikten wird diese Einsicht auf die Probe gestellt – wohl nicht zum letzten Mal.