Frankfurter Wohnturm Eden: Hochhaus vereint Luxus und Nachhaltigkeit

Auf dem Sofa liegen Kissen, auf dem Regal dicke Bücher, und im Badezimmer stehen schon Seife und Rasierpinsel vor dem Spiegel. Die Wohnung in einem der obersten Stockwerke des Hochhauses Eden in Frankfurt ist möbliert, obwohl noch niemand eingezogen ist. Ein Makler öffnet die Schiebetür zum Balkon und damit zu dem wertvollsten Bestandteil der Luxuswohnung: dem Blick von oben auf die Stadt, auf die Menschen, Wege und Gebäude am Boden, auf die anderen Hochhäuser der Skyline im Zentrum Frankfurts. Der Wohnturm Eden zählt zu den Bauten aus jüngster Zeit, die noch vor dem Abschwung auf dem Immobilienmarkt entstanden sind. 98 Meter hoch, 27 Stockwerke, 263 Wohnungen mit meist ein bis drei Zimmern. Unter den Frankfurter Wolkenkratzern gehört Eden eher zu den kleineren Türmen, aber als eines der höchsten Wohnhochhäuser mit einer begrünten Fassade in Europa bietet er gleich mehrfach das, was die Großstadt von morgen ausmachen dürfte: Luxus durch Lage, Aussicht und Preis, aber auch ein Stück Nachhaltigkeit und vor allem begehrter Wohnraum in der Höhe. Vor einem Jahr wurden die ersten Wohnungsschlüssel übergeben. Danach suchten verschiedene Makler weiter Käufer für die teuren Wohnungen. Die Preise lagen im Erstverkauf bei rund 15.000 Euro je Quadratmeter in den oberen Etagen – für ein, zwei Zimmer mit 50 bis 65 Quadratmetern wie in der möblierten Musterwohnung. Ein Stellplatz in den zwei Etagen der Tiefgarage kostete zusätzlich 48.800 Euro klassisch und 58.800 Euro mit Stromanschluss für das Elektroauto. Als Wohnturm steht Eden nicht allein am Frankfurter Himmel. Auch im Omniturm, im Taunus Turm, dem Grand Tower und dem One Forty West finden sich Wohnungen in luftiger Höhe. In Deutschland stehen Wohnhochhäuser ebenfalls in Köln, Hamburg, Mannheim, Leipzig und München meist aus den Siebzigerjahren. Hochhäuser werden stärker durchmischt Die höchsten Gebäude waren lange Zeit für Büros vorgesehen: Unternehmen zahlten höhere Mieten, wodurch sich der teure Hochbau eher rentierte. Seither hat sich die Nutzung hin zu Wohntürmen geöffnet. Nachschub ist in Frankfurt aber nur noch begrenzt in Sicht: Auf der Baustelle für die vier Hochhäuser „Four“ plant der Projektentwickler Groß & Partner neben Büros, Hotel und Gastronomie noch mit Wohnungen in zwei Türmen. Generell weitet sich die Nutzung der Hochhäuser weg vom einseitigen Fokus bloß auf Büros oder nur auf Wohnungen. Die Mischung in der Nutzung lobt Sören Gröbel, der sich für den internationalen Immobiliendienstleister Jones Lang LaSalle um die Wohnungsforschung kümmert: „Neuere Wohnhochhäuser wie der Omniturm oder der One Forty West sind als Hybridhochhäuser entstanden und daher besonders interessant, da sie langfristig eine höhere Nutzungsflexibilität aufweisen“, sagt er. Dieser Hochhaustyp sei nicht nur nachhaltig mit Blick auf die Nutzung und Versiegelung einer geringen Grundfläche. Zudem verspreche die Flexibilität eine dauerhaft höhere Auslastung, wenn sich die Nachfrage nach mehr oder weniger Büros ändern sollte. Gröbel hebt hervor, dass in vielen neuen Projekten die Wohnungen in den Türmen sowohl zum Kauf als auch zur Miete angeboten werden. Dabei sei der einzelne Verkauf von Eigentumswohnungen wesentlich für die Wirtschaftlichkeit eines Wohnhochhauses. Die Wohnungen dort gehören für ihn zum teuersten Prozent aller Mietwohnungen. Er erwähnt, dass Nettokaltmieten von 40 Euro je Quadratmeter im Monat sicherlich nicht selten sind. Abgesehen vom Eden gebe es in den Hochhäusern auch geförderte und damit preisgedämpfte Wohnungen. Dadurch erwartet Gröbel eine Durchmischung mit dem Charakter einer vertikalen Quartierentwicklung. „Die Wohnhochhäuser tragen damit auch zur Bekämpfung der Wohnungsnot bei, da die höherpreisigen Wohnungen durch den Sickereffekt dafür sorgen, dass nachgelagert und an anderer Stelle Wohnungen frei werden oder anderweitig belegt werden können“, sagt er. Trotz grüner Fassade viel Beton Wer ins Eden einzieht, bekommt mehr als den eigenen Wohnraum. Hinter dem Eingang wartet vor einer bepflanzten Wand ein Concierge im Dreiteiler, begrüßt die Bewohner und nimmt ihnen allerlei ab. Um die Ecke im Erdgeschoss liegt der Fitnessraum mit Laufbändern, Hanteln und Boxsack. Wer hier wohnt, kann auch nach ganz oben gehen auf die gemeinsam genutzte Dachterrasse. Ein Teil des Dachs ist allerdings den Penthouse-Wohnungen vorbehalten, die sich über zwei Stockwerke erstrecken. Eine Wohnung im fünften Stock wird derzeit für rund 12.000 Euro je Quadratmeter zum Kauf angeboten, im 14. Stock für fast 13.000 Euro je Quadratmeter. Auch mit Verhandlungsspielraum sind das immer noch Luxuspreise, für die sich alternativ ein Häuschen weiter außerhalb mit mehr Platz kaufen lässt. Teuer macht den Hochhausbau, dass der Materialeinsatz für Stahl, Glas und Beton je Quadratmeter höher liegt im Vergleich zu niedrigeren Gebäuden. So werden Betonpfeiler tief in die Erde gebohrt, um den Hochhäusern Halt zu geben. Während am Boden eine geringe Fläche nötig ist, erhöht der Hochbau die Treibhausgasemissionen. Jetzt richtet sich der Blick auf die Fassade, welche die Klimabilanz aufhübschen soll. Von unten ist zu sehen, wie sich rund 200.000 Pflanzen an einzelnen Strängen des Hauses nach oben ziehen. Der grüne Eindruck bleibt jedoch zurück hinter Europas Vorbild für die Bepflanzung von Hochhäusern, dem Bosco Verticale in Mailand: Auf den beeindruckenden Zwillingstürmen wachsen Bäume von den Balkonen in die Höhe und insgesamt viel mehr Pflanzen als im Wohnturm Eden. Die Frankfurter Fassade wirkt dagegen gar nicht so grün, auch wenn sie zu 20 Prozent mit Grün bedeckt sein soll und das Pflanzensystem zweieinhalbmal so groß wie die Gebäudegrundfläche. Der Trend zu grüneren Häusern zeigt sich von innen in der Energieeffizienz neuer Gebäude und von außen an ähnlichen Modellprojekten wie dem Wohnturm Eden. Die Aufstockung des Hamburger Bunkers ist mit einer Bepflanzung nah am Bild eines kleinen Waldes über den Dächern der Hansestadt. In Düsseldorf zeigt sich das Bürohaus Kö-Bogen II mit der Hülle von Hainbuchen fast vollständig grün. Das werden kaum die einzigen Häuser bleiben, die die Natur im Stadtbild unterbringen. Jedes Pflanzengefäß muss passen Um dafür Pflanzen in die Bebauung zu integrieren, fallen zunächst einmalig Herstellungskosten an. Wichtiger wird später der Umgang im laufenden Betrieb, damit die Pflanzen ihre Pracht entfalten können. Andreas Hülsken, Frankfurter Bereichsleiter des Immobilienentwicklers Strabag Real Estate, sieht genau darin eine Schwierigkeit für die Fassadenbegrünung. „Diese müssen recht aufwendig geplant werden – mit gesicherter Bewässerung, Düngung, den richtigen Pflanzgefäßen und Substrat“, sagt er im Gespräch in seinem Büro nahe der Frankfurter Messe. Mit dem Bau des Wohnquartiers Kuhlio mit 170 Wohnungen im Frankfurter Stadtteil Bockenheim hat das Unternehmen auch darauf gesetzt: Begrünte Höfe mit Mietergärten und Fassadenbegrünung sollen die Sommerhitze rund um die Häuser lindern. An ihrem derzeitigen Bürostandort ist das anders: „Wenn Sie hier rausgehen, bekommen Sie im Sommer einen Schlag“, sagt Hülsken über den Gang vor die Tür an die Südseite der Europa-Allee. Mit der geplanten Begrünung will er dies vermeiden. Zusätzlich zur Außenbepflanzung sollen wasserführende Schichten im Boden ebenfalls die Außenluft kühlen. Das Ziel: Das Mikroklima dort soll mit dem Gebäude besser sein als vorher. Mehr Grün im Stadtbild Genauso plant er es für den Bau des sechsstöckigen Bürohauses „Seed“ im Europaviertel in Frankfurt. Mehrgeschossige Balkone und Terrassenflächen sollen begrünt und die Innenhöfe bepflanzt werden. „Wir setzen uns damit das Ziel, möglichst behagliche Außenraumtemperaturen zu fördern“, sagt Hülsken. Der Neubau soll mit Geothermie und Photovoltaik zudem emissionsarm auskommen. In jedem Fall kommen auf Eigentümer und Mieter Kosten für die Bepflanzung zu. Die Stadt Frankfurt schreibt für den Neubau oder Umbau sogar begrünte Fassade bis zur Höhe von 3 Metern oder Grünflächen vor dem Gebäude vor. Das trifft auch kleinere Neubauten und nicht nur die höchsten Häuser. Der Wohnturm Eden mit seiner grünen Fassade ist beliebt und teuer. Ob die Bewohner den Ausblick, die Lage oder die Pflanzen am meisten wertschätzen, hängt von jedem einzelnen ab. Sie müssen jedenfalls genug Geld mitbringen, um sich das alles zu leisten.