Arbeitswelt : Fehlende KI-Kenntnisse bremsen den Fortschritt
Deutsche Unternehmen verschlafen die KI-Revolution. Zu diesem alarmierenden Ergebnis kommt eine neue Studie des Stifterverbands. 86 Prozent der befragten Führungskräfte geben zu, dass ihr Unternehmen das Potential der Künstlichen Intelligenz nur zu einem geringen Maß ausschöpft. Hauptursache sind die fehlenden KI-Kenntnisse: 79 Prozent der Beschäftigten fehlen grundlegende KI-Kompetenzen. Mehr als die Hälfte der 1000 befragten Unternehmen stellt gar keine Lernangebote bereit.
Die Beschäftigten verstehen oft weder die Funktionsweise der KI-Systeme noch können sie deren Ergebnisse fachlich bewerten. Dieses Defizit wiegt besonders schwer, da der EU AI Act von Februar an explizit ein „ausreichendes Maß an KI-Kompetenz“ von allen Mitarbeitern fordert, die mit KI-Systemen arbeiten.
Die Defizite sind vor allem in der praktischen Anwendung gravierend. Mehr als ein Drittel der Unternehmen beklagt mangelnde KI-Anwendungskompetenzen bei der Automatisierung der Arbeitsprozesse. Etwa 20 Prozent berichten über Lücken beim KI-basierten Erstellen neuer Inhalte, beim Prompting und bei der Fähigkeit, datengetriebene Entscheidungen zu treffen.
Nur ein Viertel der Unternehmen verfügt über eine klare Strategie für den Aufbau der KI-Kompetenzen. Zudem zeigen fast zwei Drittel der Beschäftigten wenig Interesse am Erwerb der KI-Kompetenzen – sei es aus Angst vor Jobverlust, Enttäuschung nach dem anfänglichen KI-Hype oder mangelnden Einsatzmöglichkeiten im eigenen Tätigkeitsfeld.
Dabei steht viel auf dem Spiel: KI könnte die Produktivität deutscher Unternehmen um bis zu 19 Prozent steigern. Allein generative KI birgt ein zusätzliches Wertschöpfungspotential der deutschen Wirtschaft von mehr als 300 Milliarden Euro. Diese Chance droht Deutschland zu verspielen, wenn der Kompetenzaufbau nicht schnell und systematisch vorangetrieben wird.
Vorreiter zeigen, wie der Kompetenzaufbau gelingen kann. Sie setzen auf Führungskräfte als Vorbilder, die eine klare KI-Vision entwickeln und Ängste abbauen. Ein Industrieunternehmen hat beispielsweise seine 100 wichtigsten Multiplikatoren in KI-Bootcamps geschult. Ein Technologiekonzern hat eine lebendige Community aufgebaut, in der 2023 mehr als 5000 einstündige Meetings zum Erfahrungsaustausch stattfanden.
Besorgniserregend ist auch die Kluft zwischen Wirtschaft und Hochschulen. 82 Prozent der Führungskräfte kritisieren, dass deutsche Hochschulen Studierende schlecht auf eine KI-geprägte Arbeitswelt vorbereiten. Nur 28 Prozent der Unternehmen kooperieren mit Hochschulen beim Thema KI, obwohl der gegenseitige Austausch praxisnaher und forschungsbasierter Erkenntnisse beiden Seiten nutzen würde.