Handelsvertrag : Klimaabkommen können eben doch funktionieren

Die Ergebnisse der Weltklimakonferenz COP29 haben enttäuscht. Doch ein Bündnis kleiner, williger Staaten will zeigen, dass sich Handel und Klimaschutz nicht widersprechen, erläutert die Professorin für Völkerrecht.
Während die Weltklimakonferenz in Baku um kleinste Fortschritte rang, haben vier Staaten ein wegweisendes Handelsabkommen auf den Weg gebracht: Die Regierungen von Costa Rica, Island, Neuseeland und der Schweiz unterzeichneten das Abkommen über Klimawandel, Handel und Nachhaltigkeit (Agreement on Climate Change, Trade and Sustainability, ACCTS), das Handel und Klimaschutz zu vereinen sucht. Die Staaten proklamieren, das Abkommen sei das erste seiner Art; es könne als Vorreiter dienen.
In ihrer gemeinsamen Abschlusserklärung heben die Staaten hervor, dass die „politischen Hebel, die notwendig sind, um den Übergang zu emissionsarmen, klimaresilienten und nachhaltigen Volkswirtschaften voranzutreiben, Handelspolitik, Regeln und Architektur unbedingt einbeziehen müssen und dies auch können“.
Sonderregeln zwischen den Parteien
Das ACCTS reiht sich in eine Vielzahl von bi- und plurilateralen Abkommen ein, die in den vergangenen Jahren abgeschlossen wurden, wie gerade eben das bedeutende EU-Mercosur-Abkommen, außerdem das EU-Singapur-, EU-Neuseeland- oder das Transpazifische Partnerschaftsabkommen (Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership, CPTPP). Sie bilden ein Sonderregime zwischen den Vertragsparteien, das oft abweichende und ergänzende Bestimmungen zu den Regelungen der Welthandelsorganisation (World Trade Organisation, WTO) schafft.
Im Gegensatz zu klassischen Handelsabkommen, die umfassend sämtliche Handelsaspekte regulieren, beschränkt sich das ACCTS auf vier große Bereiche: Handel mit Umweltgütern, Handel mit Umweltdienstleistungen, Subventionen für fossile Brennstoffe und Kennzeichnung von Ökoprodukten (Ecolabelling). Es ist damit im Vergleich zu herkömmlichen Handelsabkommen deutlich übersichtlicher gestaltet und konzentriert sich auf wesentliche Eckpfeiler: Liberalisierung des Handels mit Umweltgütern und -dienstleistungen, Regulierung von Subventionen für fossile Energien und Festlegung gemeinsamer Prinzipien für Ecolabelling.
Kernstück des Vertrags bildet der Abschnitt über den Handel mit Umweltgütern – definiert als solche, die einen Beitrag zur Transformation hin zu einer kohlenstoffarmen, klimaresilienten, zirkulären und nachhaltigen Wirtschaft leisten. Ein Anhang beschreibt präzise die rund 350 Güter, die diese Charakteristika erfüllen, sowie ihren jeweiligen Umweltbeitrag, beispielsweise Recyclingpapier oder Windturbinenkomponenten. Der Handel mit diesen Gütern soll gefördert werden, insbesondere durch die Aufhebung von Import- und Exportzöllen. Ähnlich sollen auch für Dienstleistungen, die der Umwelt dienen, wie etwa aus dem Architektur- oder Ingenieurswesen, die Marktzugangsbedingungen verbessert werden. Die Parteien haben hier individuelle Verpflichtungen übernommen, um den Handel zu intensivieren.
Schluss mit Subventionen für Kohle, Öl und Gas
Geradezu revolutionär ist der Abschnitt über Subventionen für fossile Energieträger. Diese sollen – so haben es die Vertragsparteien festgeschrieben – diszipliniert und letztlich beendet werden. Auf diesen, für einen wirksamen Klimaschutz essenziellen Baustein, konnten sich die Teilnehmerstaaten der Weltklimakonferenzen bislang nicht einigen. Die vier ACCTS-Staaten listen bestehende Subventionen auf, verpflichten sich dazu, keine neuen einzuführen und die bestehenden abzubauen. Hierzu gehören etwa Subventionen für Kohle, Öl und Gas. Klargestellt wird auch, dass dies nicht Produkte umfasst, die mithilfe von fossilen Brennstoffen hergestellt werden.
Vollständige Zollfreiheit
Im Bereich des Ecolabelling haben sich Costa Rica, Island, Neuseeland und die Schweiz auf gemeinsame Prinzipen für transparente und aussagekräftige Labels verständigt, um Konsumenten fundierte Entscheidungen über nachhaltige Produkte zu ermöglichen.

Das Abkommen ist ein wichtiger Schritt hin zu einem nachhaltigen Handelsrecht. Die echte Neuerung liegt in der Indienstnahme handelsrechtlicher Instrumente des Marktzugangs, um Umweltgüter und -dienstleistungen zu fördern und ihren Marktanteil zu erhöhen. Das geschieht hier über die vollständige Zollabsenkung. Darüber hinaus wäre auch der Abbau weiterer nichttarifärer Handelshemmnisse denkbar. Mit Partnerländern ließe sich auch über den Abbau von Berichtspflichten für Unternehmen nachdenken, um diese zu entlasten und weitere Anreize für nachhaltige Märkte zwischen Handelspartnern zu schaffen.
Ein Handelsrecht in dieser Form ist geeignet, Transformationsprozesse zu fördern und besonders Handel mit Produkten zu stimulieren, die Nachhaltigkeitszielen dienen und konventionelle Produkte ersetzen. Auch der schrittweise Ausstieg aus der Subvention fossiler Brennstoffe ist ein Meilenstein. Mögen diese auch nur zwischen den Parteien verboten sein, so ist dies bereits ausreichend, um die beteiligten Volkswirtschaften insgesamt in diesem Bereich subventionsfrei zu gestalten. Man stelle sich eine ähnliche Vereinbarung mit größeren Staaten vor, der Effekt für das Weltklima wäre durchaus beachtlich. Bemerkenswert ist die Offenheit für andere Vertragsparteien, dem Abkommen beizutreten.
Gerne wird eingewandt, dass Forderungen nach einem nachhaltigen Handelsrecht utopisch seien. Das ACCTS beweist das Gegenteil. Das internationale Handelsrecht kann einen wichtigen Beitrag leisten, wenn es konsequent mit Blick auf diese notwendigen Ziele hin überarbeitet wird und die Schaffung von Märkten für nachhaltige Produkte erreicht wird.
Passt dieser Ansatz in unsere Zeit, gezeichnet von zunehmendem Protektionismus? Vielleicht liegt hier gerade das Potential dafür, einen Gegenpol zu kreieren und den Handel mit einer anderen Ausrichtung auszubauen. Die Weiterentwicklung des Handelsrechts zur Unterstützung sozialer, ökologischer und klimaverträglicher Ziele kann in Zeiten der spürbaren Folgen des Klimawandels und der Umweltkrise ein wichtiges Instrument sein.