Von Sparta bis Trump : Was Sanktionen bewirken

Schon seit dem Krieg zwischen dem antiken Athen und Sparta sollen Wirtschaftssanktionen Staaten zum Einlenken bewegen. Mittlerweile haben sich verschiedene Formen ausdifferenziert – mit unterschiedlicher Wirkung, erklärt der Wifo-Ökonom.
Kurz nachdem der neue US-Präsident Donald Trump Kolumbien zeitweise mit einem Wirtschaftsembargo gedroht hatte, hat die Europäische Union ihre Sanktionen gegen Russland verlängert. Sanktionen sind derzeit in aller Munde. Dieses geopolitische Druckmittel hat jedoch eine lange Tradition: Längst vor den Embargos gegen das iranische Atomprogramm oder das südafrikanische Apartheid-Regime liegen die Wurzeln dieses Instruments fast 2500 Jahre zurück.
Was sollen Sanktionen bewirken?
Sanktionen sind kein Selbstzweck. Sie dienen strategischen Zielen der Außenpolitik, die sich in zwei Kategorien unterteilen lassen: sicherheitspolitische und nicht-sicherheitspolitische Ziele. Erstere betreffen vor allem bewaffnete Konflikte und Terrorismus, bei den zweiten geht es etwa um die Einhaltung demokratischer Normen, Korruptionsbekämpfung oder die Veränderung politischer Maßnahmen.
So verhängte Algerien 2022 ein Importembargo gegen Spanien, nachdem sich Madrid öffentlich für die Autonomie der Westsahara – einer De- jure-Region Marokkos – und gegen deren Unabhängigkeit aussprach. Algerien, ein Unterstützer der Sezessionsbewegung Westsaharas, hob dieses Embargo jedoch Anfang 2024 wieder auf, das Ziel wurde verfehlt, einen Politikwechsel in Madrid zu erzielen.
Seit wann werden Sanktionen eingesetzt?
Schon im antiken Griechenland verhängte die Stadt Athen am Vorabend des Peloponnesischen Krieges ein Handelsembargo gegen die aufmüpfige Stadt Megara (circa 432 v. Chr.). Als die Stadt Brügge 1358 versuchte, Steuern von Hansehändlern zu erheben, wurde ganz Flandern „verhanst“ – die Hanse verhängte ein umfassendes Handelsverbot gegen die Stadt, bis Brügge nachgab. Ähnliche wirtschaftliche Zwangsmaßnahmen folgten 1806 mit Napoleons Kontinentalsperre gegen Großbritannien sowie 1935, als der Völkerbund unter britischer Führung auf Mussolinis Invasion Abessiniens mit einem Waffen- und Handelsembargo reagierte.
Nach dem Zweiten Weltkrieg spaltete der Eiserne Vorhang weite Teile der Welt. Die USA und ihre Verbündeten verhängten Sanktionen gegenüber den Staaten des Warschauer Pakts – und umgekehrt. In den Sechzigerjahren lösten sich die ehemaligen Kolonialreiche Großbritanniens und Frankreichs auf und sanktionierten die afrikanischen Unabhängigkeitsbewegungen: Frankreich etwa belegte Algerien und Tunesien damit. Aber auch neu gegründete afrikanische Staaten nutzten das Mittel: 1963 verhängte die Organisation für Afrikanische Einheit, der Vorläufer der Afrikanischen Union, ein Importembargo gegen Portugal, das zu dieser Zeit Krieg in Angola führte.
In den Siebzigern erreichte der Einsatz von Sanktionen einen vorläufigen Höhepunkt: Die arabischen Staaten verhängten Ölembargos gegen nahezu die gesamte westliche Welt als Reaktion auf deren Unterstützung Israels im Jom-Kippur-Krieg. Gleichzeitig sah sich das Apartheid-Regime in Südafrika zunehmend schärferen Sanktionen durch europäische Staaten, Japan und die USA ausgesetzt. Seinen bisherigen historischen Tiefpunkt erreichte der Einsatz von Sanktionen in den Neunzigern – am vermeintlichen „Ende der Geschichte“. Heute wissen wir, dass dies ein Trugschluss war.
Welche Formen gibt es?
Sanktionen lassen sich in unterschiedliche Kategorien einteilen. Die älteste ist das Handelsembargo, ursprünglich ein vollständiges Import- und Exportverbot. In den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg dominierten umfassende Handelssanktionen, wie das von Präsident Kennedy 1962 initiierte totale Embargo gegen Kuba – eine der ältesten noch bestehenden Sanktionsepisoden weltweit. Spätestens nach den verheerenden Auswirkungen des Embargos im ersten Golfkrieg auf die Kindersterblichkeit im Irak gilt dieses Mittel als umstritten und wird als zu treffunsicher kritisiert. Heute sind gezielte Maßnahmen wie Embargos gegen bestimmte Firmen, Güter oder Sektoren gängiger.
Ein weiterer Typ ist das Waffenembargo, wie es die Vereinten Nationen (United Nations, UN) etwa 2004 im Zuge des Darfur-Konflikts verhängten. Finnland und Schweden sprachen von 2019 bis Ende 2022 ein Waffenembargo gegen die Türkei aus, nachdem türkische Truppen in das kurdisch kontrollierte Nordsyrien einmarschiert waren. Ermöglicht durch den partiellen Abzug von US-Truppen während Präsident Trumps erster Amtszeit. Letztlich hoben die nordischen Staaten ihr Embargo jedoch auf, da sie für ihren NATO-Beitritt 2023 das Einverständnis Ankaras benötigten.
Das Mittel der Wahl sind heute vermehrt Finanz- und Reisesanktionen. Während Einreiseverbote für sanktionierte Individuen oft als mildeste Maßnahme gelten, sind Finanzsanktionen präzise und kosteneffektiv – besonders die USA nutzen sie häufig. Dabei spielt die Sonderstellung des US-Dollars eine zentrale Rolle, da nahezu alle weltweiten Dollar-Transaktionen über das amerikanische Finanzsystem abgewickelt werden. Dies ermöglicht es den USA, ihre Sanktionen auch über nationale Grenzen hinweg durchzusetzen, indem sie Drittstaaten und Unternehmen bestrafen, die weiterhin Geschäfte mit sanktionierten Ländern betreiben – auch wenn diese Geschäfte in den Drittstaaten selbst nicht bestraft werden. Diese Form wird als „sekundäre Sanktionen“ bezeichnet.
Wirken Sanktionen?
Studien zeigen. dass multilaterale Sanktionen eher das gewünschte Ziel erreichen als unilaterale, besonders wirksam sind die Sanktionen der Vereinten Nationen (United Nations, UN). Tritt die internationale Staatengemeinschaft geschlossen auf, verleiht das Embargos zusätzliches Gewicht.
Bei Konflikten um Krieg und Frieden zeigt sich jedoch, dass sanktionierte Länder nur selten einlenken, auch wenn sie ökonomischen Schaden erleiden, der ihre Kriegstüchtigkeit einschränken kann. Je länger eine Sanktionsperiode andauert, desto höher ist zudem die Wahrscheinlichkeit, dass sie scheitert. Dass beispielsweise Kuba nach mehr als 60 Jahren US-Sanktionen plötzlich seine Haltung ändert, erscheint unrealistisch.