Zölle :
Trumps Abschottung kommt uns teuer zu stehen

Gastbeitrag
Von
Robert Stehrer
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Die Stahlarbeiter will Donald Trump schützen. Doch wird ihr Leben aufgrund seiner Zölle in Wahrheit teurer werden.

Jeden Tag neue Drohungen mit weiteren Zöllen – Donald Trump wird seinem Ruf gerecht. Der Direktor des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) rechnet die Folgen vor.

Der klare Wahlsieg Donald Trumps lässt erwarten, dass er seine Politik aus der ersten Amtszeit von 2017 bis 2021 fortführt und wahrscheinlich sogar weiter verschärft. Seine Handelspolitik war damals geprägt von unilateralen Maßnahmen, aggressiven Verhandlungstaktiken, einem Fokus auf die Reduzierung des Handelsdefizits und dem Schutz der US-Industrie. Multilaterale Zusammenarbeit und Umweltfragen werden dabei wohl wieder eine untergeordnete Rolle spielen. Seine angekündigte „Make America Great Again“-Wirtschaftspolitik („Maganomics“) verspricht zudem niedrigere Steuern, weniger Regulierungen, geringere Zinssätze und eine niedrigere Inflation.

Für eine Verschärfung des wirtschaftspolitischen Kurses in seiner zweiten Amtszeit spricht auch die am 5. November errungene Mehrheit der Republikaner im US-Senat und im Repräsentantenhaus. Trump wird damit zumindest in den ersten beiden Jahren seiner Präsidentschaft bis zu den Midterms 2026 im Kongress weitgehend freie Hand haben. Eine aggressive Strategie zur Durchsetzung „seiner“ Handelsregeln mit unilateralen Zöllen, Subventionen und Handelsbeschränkungen ist zu erwarten.

Durchsetzen soll das alles sein designierter Handelsbeauftragter Jamieson Greer, ein deklarierter Hardliner gegenüber China. Die erwähnten Maßnahmen zielen darauf ab, den aus Trumps Sicht unfairen Handelspraktiken entgegenzuwirken und die Position der USA im globalen Handel zu stärken. Das erklärte Ziel besteht dabei in der Förderung und Rückverlagerung der heimischen Produktion sowie in der Verringerung internationaler Abhängigkeiten, insbesondere der Importe aus China. Trump strebt an, Importe zu reduzieren und die Produktion wichtiger Industrien wieder in die USA zurückzuholen, um die Unabhängigkeit von globalen Lieferketten zu sichern – Ziele, die übrigens auch seine Konkurrentin Kamala Harris verfolgte.

Druck auf Mexiko und Kanada

Ein zentrales – wenn nicht das wichtigste – Instrument seiner Handelspolitik in der ersten Amtszeit war die Einführung oder Erhöhung von Zöllen, um Druck in Verhandlungen auszuüben. Das war eine der wenigen konkreten Maßnahmen, die Trump in seiner ersten Wahlkampagne versprochen und zwischen 2017 und 2021 auch konsequent umgesetzt hat. Tatsächlich kündigte Trump auch im Präsidentschaftswahlkampf 2024 an, einen allgemeinen Zoll von zehn Prozent auf alle Importe einzuführen und zusätzlich Zölle von bis zu 60 Prozent (oder mehr) auf Importe aus China einzuheben.

Vergangenes Wochenende drohte der wiederkehrende Präsident den BRICS-Staaten um Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika zudem mit einem Zoll von 100 Prozent, sollten sie ihre angedachte Abkehr vom Dollar als Leitwährung fortsetzen. Vor Kurzem hat Trump zudem Zölle gegen Kanada und Mexiko von 25 Prozent angekündigt, die er mit Migration und grenzüberschreitendem Drogenhandel begründete. Damit könnte er versuchen, bereits im Vorfeld der im Jahr 2026 anstehenden Neuverhandlung des nordamerikanischen Freihandelsabkommens United States-Mexico-Canada Agreement (USMCA) Druck auf die beiden Länder auszuüben.

Diese Ankündigungen sind eine erhebliche Drohkulisse. Um die Auswirkungen solcher Zollerhöhungen abschätzen zu können, ist es notwendig, die aktuellen Zölle zu kennen. Die USA erheben gegenüber der EU heute Zölle in der Höhe von durchschnittlich 3,5 Prozent und gegenüber China von 3,6 Prozent. Die EU verlangt derzeit gegenüber den USA und China Zölle von durchschnittlich 5,2 Prozent, China etwas höhere von im Durchschnitt 7,5 Prozent gegenüber der EU und 7,6 Prozent gegenüber den USA. Der unter Trump angekündigte Anstieg der US-Importzölle auf zehn Prozent würde somit einer Verdreifachung des aktuellen Niveaus entsprechen.

Wohlstandsverluste rund um die Welt

Welche Auswirkungen hätten solche Zollerhöhungen? In einem Papier argumentieren die beiden Ökonomen Kim Clausing und Mary Lovely, dass die von Donald Trump vorgeschlagenen Zölle – ähnlich wie auch andere Studien zeigen – die US-Konsumenten durch höhere Preise und damit einhergehende Wohlstandsverluste belasten würden. Sie schätzen, dass die Kosten bei einer vollständigen Überwälzung einer Zollerhöhung von zehn Prozent etwa ein Prozent der Wirtschaftsleistung betragen würden. Sollte der Zoll auf chinesische Importe zusätzlich auf 60 Prozent erhöht werden, würden sich die Gesamtkosten auf 1,8 Prozent der Wirtschaftsleistung summieren. Der durchschnittliche Schaden für einen US-Haushalt mit mittlerem Einkommen würde 1700 US-Dollar pro Jahr betragen. Das verfügbare Einkommen der ärmsten 50 Prozent der Haushalte, die in der Regel einen größeren Teil ihres Einkommens ausgeben, würde um durchschnittlich 3,5 Prozent sinken.

Einfuhrzölle dürften zudem die Wettbewerbsfähigkeit US-amerikanischer Unternehmen erheblich beeinträchtigen. Da ein großer Teil der Importe aus Vorleistungsgütern besteht, die dann in den USA weiterverarbeitet werden, würden Zollerhöhungen deren Kosten in die Höhe treiben.

Die Auswirkungen solcher Zollerhöhungen können auch mithilfe von Handelsmodellen geschätzt werden. Erste Berechnungen am Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) zeigen, dass bei einem Anstieg der US-Importzölle auf mindestens zehn Prozent – wobei höhere Zölle auf dem ursprünglichen Niveau bleiben – das Gesamteinkommen in den USA, einschließlich der Zolleinnahmen, um 0,08 Prozent steigen würde. Allerdings würden die Realeinkommen der Bevölkerung, die diese Zolleinnahmen nicht berücksichtigen, gleichzeitig um 0,14 Prozent sinken. Unterm Strich ergibt sich daraus also ein klarer Wohlstandsverlust.

Fans von Strafzöllen: Der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer (links) schon 2018 im Oval Office mit Präsident Donald Trump beim Verhängen von Zöllen auf Solarpaneele.
Fans von Strafzöllen: Der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer (links) schon 2018 im Oval Office mit Präsident Donald Trump beim Verhängen von Zöllen auf Solarpaneele.dpa

Die Einkommen in China würden um 0,02 Prozent zurückgehen, während die EU-Länder mit einem Rückgang von 0,055 Prozent noch stärker betroffen wären. Bei einer weiteren Erhöhung der Zölle auf 60 Prozent für Importe aus China würde das US-Nationaleinkommen (inklusive Zolleinnahmen) um 0,12 Prozent steigen, jedoch würden die verfügbaren Realeinkommen der Bevölkerung noch stärker, nämlich um 0,33 Prozent, sinken. Die Wohlstandsverluste wären aufgrund der stärker steigenden Preise für Importe also noch ausgeprägter. In China wären die Einkommensverluste mit 0,15 Prozent etwas höher. Für die EU würde der Einkommensrückgang mit minus 0,05 Prozent im Vergleich zum vorherigen Szenario etwas weniger stark ausfallen. Das globale Handelsvolumen würde durch die höheren Zölle jedenfalls leicht sinken.

Betont werden muss an dieser Stelle, dass Vergeltungsmaßnahmen anderer Länder gegen die USA, die darauf wohl folgen dürften, in diesen Berechnungen natürlich nicht berücksichtigt sind. Das gilt auch für Wachstumseinbußen aufgrund von Unsicherheiten, die dadurch entstehen könnten und die negativen Effekte noch einmal verstärken würden.

Handelskriege mit China und der EU drohen

Auch wenn also die direkten Auswirkungen der von Trump angekündigten Zollerhöhungen per se noch nicht dramatisch wären, besteht die große Gefahr darin, dass dadurch der Handelskrieg zwischen den USA und China befeuert und einer gegen die EU vom Zaun gebrochen wird. Die neu angekündigten Zölle gegen Kanada und Mexiko zeigen zudem, dass Trump Zölle generell als politische Waffe gegen andere Länder einsetzen möchte, auch abseits der Wirtschaft. Die daraus resultierenden Wohlstandsverluste könnten beträchtlich ausfallen, je nachdem wie weit die gegenseitigen Strafmaßnahmen eskalieren.

In jedem Fall dürfte das internationale Handelssystem durch den Wahlsieg Donald Trumps noch instabiler werden, als es das ohnehin bereits ist. Für die EU sind das keine guten Aussichten. Ihre exportabhängige Wirtschaft steckt auch ohne neue Zölle bereits in einer veritablen Wettbewerbskrise. Brüssel und die nationalen Regierungen werden darauf reagieren müssen. Lösungsvorschläge liegen jedenfalls zur Genüge auf dem Tisch, siehe den Bericht des ehemaligen EZB-Präsidenten Mario Draghi. Es wird aber den politischen Willen brauchen, sie auch umzusetzen.

Robert Stehrer
Robert Stehrer ist Handelsökonom und wissenschaftlicher Direktor des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW).
Bild: Privat
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