FAZ+Franz Kafka in Leipzig :
Sinnlose Fahrt zu den Büchern

Lesezeit: 6 Min.
„Ungeheurer Lärm“, notierte Max Brod über seinen Leipzig-Besuch mit Kafka im Juni 1912: Die Baustelle des Hauptbahnhofs lag gleich neben „Opels Hotel“, in dem die beiden Gäste aus Prag übernachteten. Aufnahme von 1912.
Man sollte meinen, sie hätten blendend zusammengepasst: die Buchmetropole Leipzig und Franz Kafka. Doch dessen Besuche in der Stadt hielten nur Enttäuschungen parat.
Merken
Zur App

Als Kafka zum ersten Mal nach Leipzig kam, am 28. Juni 1912, waren das Umbruchzeiten für beide, den Schriftsteller und die Stadt. Kafka, noch ohne jede Buchveröffentlichung, hatte im Frühjahr die Arbeit an einem ersten Roman begonnen, und im Gepäck hatte er ein paar in Zeitschriften publizierte Erzählungen, aus denen sich ein Sammelband würde machen lassen – der Entschluss des Prager Versicherungsangestellten, nun auch als Schriftsteller aufzutreten, stand fest, vor allem auf Betreiben seines literarisch bereits etablierten Freundes Max Brod. Der hatte sich eigens eine Woche Urlaub genommen, um mit nach Deutschland zu kommen. Vor einem Kuraufenthalt Kafkas im Harz war eine gemeinsame Pilgerreise nach Weimar angesetzt: auf den Spuren Goethes. Und der hatte ja in Leipzig studiert. Also lag ein Zwischenstopp dort nahe. Dass es sich zudem um die deutsche Verlagshauptstadt handelte, spielte Brods Ehrgeiz in die Karten. Er suchte eine neue literarische Heimat für sich selbst und eine erste für Kafka. In Leipzig witterte er ähnlich ehrgeizige Verleger.

Zugang zu allen FAZ+ Beiträgen
12,80 € jetzt nur 0,99 €

Jetzt Zugang 12,80 € für nur 0,99 € abonnieren?

  • Mit einem Klick online kündbar
  翻译: