Thomas Bernhard Graphic Novel : Wenn Sprache den Bildrhythmus vorgibt
Seit Comics hierzulande „Graphic Novels“ heißen, wenn sie Anspruch auf Anspruch erheben wollen, ist auch die Zahl der gezeichneten Literatur-Adaptionen gestiegen. Denn immerhin hat der Marketingbegriff da seine Berechtigung: Romane von Proust, Kafka, H. G. Wells, Marcel Beyer, Melville und zahllosen anderen bedeutenden Schriftstellern sind als gezeichnete Versionen ja tatsächlich graphic novels – ganz im Gegensatz zu Reportagen, Autobiographien, Sachcomics oder was im deutschen Sprachraum noch alles unter dem gekaperten englischen Begriff publiziert wird. Und über das klägliche Niveau der 1941 in Amerika zu pädagogischen Zwecken (aber nicht aus ästhetischer Motivation) etablierten Heftserie „Classics Illustrated“, deren Schöpfer sich der Illusion hingaben, mit schlecht gemachten Comics könnte man Lust auf die Lektüre von deren literarischen Vorlagen machen, sind wir erfreulicherweise längst hinaus. Obwohl es mit gut gemachten Adaptionen auch nicht besser klappt. Wer sich für „Die Suche nach der verlorenen Zeit“ oder „Der Prozess“ als Comic begeistert, hat im Regelfall den Roman schon gelesen. Den Zeichnern kann es egal sein, solange gekauft wird.