Kolumne „Vor dem Gesetz“ :
„Schwachkopf“ und die rechtlichen Folgen

Von Stefanie Schork
Lesezeit: 2 Min.
Möchte nicht beleidigt werden: Wirtschaftsminister Robert Habeck
Nachdem Robert Habeck als „Schwachkopf“ beleidigt wird, wird die Wohnung eines Mannes durchsucht. Dabei spielte auch der Einsatz von künstlicher Intelligenz eine Rolle.
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Mitte November fand eine Wohnungsdurchsuchung in Haßberge unter anderem wegen Beleidigung statt. Der vierundsechzigjährige Beschuldigte soll über die Plattform X ein Bild von Robert Habeck verbreitet haben, dazu das Wort „Schwachkopf“. Das ist nur deshalb bekannt, weil der Verdächtigte sich sofort bei der rechtspopulistischen Plattform „Nius“ beklagt hat.

Die hat den Durchsuchungsbeschluss veröffentlicht und die Schlagzeile gesetzt, der Wirtschaftsminister hetze einem Rentner wegen einer Lappalie die Polizei auf den Hals. „Nius“ führt in die Irre. Die Hausdurchsuchung wurde gerichtlich angeordnet, bevor Habeck Kenntnis von dem Verfahren hatte.

Es gäbe schlimmere Beleidigungen

Grundsätzlich werden Beleidigungen nur auf Strafantrag der verletzten Person verfolgt. 2021 wurde eine erhöhte Strafdrohung eingeführt für öffentliche Beleidigungen von Personen des politischen Lebens, vorausgesetzt die Taten sind geeignet, deren öffentliches Wirken erheblich zu erschweren. Ermittlungen wegen eines solchen Verdachts sind ohne Strafantrag zulässig, wenn die Staatsanwaltschaft ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung annimmt.

Der Verletzte hat das Recht, den schon laufenden Ermittlungen zu widersprechen, dann ist Schluss. Die bayerische Polizei hat bei Habeck nachgefragt. Er hat keinen Widerspruch eingelegt, sondern Strafantrag gestellt. Es gäbe schlimmere Beleidigungen, gesteht er zu, er habe sich aber entschlossen, jeden Vorfall strafrechtlich verfolgen zu lassen. Dafür hat er das kommerzielle Start-up-Unternehmen der Vorsitzenden der Jungen Liberalen beauftragt, Straftaten zu seinem Nachteil automatisiert zu suchen.

Wenn Ehrverletzungen mittels KI aufgefunden werden und ermittelt wird, ohne dass es auf die individuelle Verletztheit ankommt, wird der strafrechtliche Ehrschutz von dem Ehrschutzbedarf der betroffenen Person abgekoppelt. Das widerspricht der Systematik der Straftaten gegen höchstpersönliche Rechtsgüter und ersetzt die Wertung und das Interesse des Geschützten am Ehrschutz durch die Wertung von KI und Justiz.

Das zu Ende gedacht, müsste der Gesetzgeber das Vetorecht des Einzelnen vollständig abschaffen. Denn es verträgt sich nicht damit, dass die Staatsanwaltschaft zuvor nach eigenem Gutdünken einen objektiven Reputationsschaden und ein Interesse der Allgemeinheit an der Strafverfolgung annimmt, ohne den Verletzten auch nur zu dessen Ehrschutzbedarf zu fragen.

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