Kunst und Populismus :
In den Feedbackschlaufen des Zorns

Von Kolja Reichert
Lesezeit: 8 Min.
Ende Juli in Leipzig: Der Immobilienunternehmer Christoph Gröner (zweiter von links) ersteigert das Bild „Der Anbräuner“ von Neo Rauch.
Neo Rauch hat den Kritiker Wolfgang Ullrich in ein Bild verwandelt, das zur Trophäe der neuen Rechten wurde. Ullrichs Buch darüber zeigt, wie in den Kämpfen um Deutungshoheit Kultur, Politik und Ökonomie verschmelzen.

Jemand musste W.U. verleumdet haben. Oder umgekehrt. Denn ohne dass er etwas Böses getan hätte, fand er sich eines Morgens in ein Gemälde verwandelt. „Man beschrieb es mir als eine Art Karikatur, die einen Mann zeige, der mit Exkrementen male“, erinnert der Kunstkritiker Wolfgang Ullrich ein Telefonat mit der Feuilleton-Redaktion der „Zeit“, der dieser gemäldeförmige Leserbrief vorlag. Mit ihm antwortete Maler Neo Rauch auf einen Essay Ullrichs, in dem dieser latent rechte Motive in Rauchs Malen und Denken ausgemacht hatte. „Dieser Mann sei offenbar ich. So sei die mit einem Hitlerkopf und einem Hitlergruß beschriebene Leinwand mit den Initialen ,W.‘ und ,U.‘ signiert.“ Titel: „Der Anbräuner“, ein Wort, mit dem Ernst Jünger 1982 in seiner Dankesrede zum Goethe-Preis die Suche nach rechten Gesinnungen beklagte. Ein Begriff, der in den letzten Jahren wieder in Mode gekommen ist und, nach Ullrichs Beobachtung, an die Stelle des „Besserwessis“ getreten sei.

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