Filmbrunch beim BR : „Wir verhandeln vor Millionen Menschen Themen unserer Zeit“
Am Ende wird alles gut. Der Name Trump wird auf dem BR-Filmbrunch binnen drei Stunden nicht einmal erwähnt. Und schließlich kann die Programmbereichsleiterin Spiel-Film-Serie, Bettina Ricklefs, im Gespräch mit der F.A.Z. verkünden, dass in ihrem Bereich „nicht am Programm gespart“ werde, dass „Tatorte“, Dokus und Serien im gleichen Umfang wie im Vorjahr produziert worden seien.
„Oktoberfest 1905“ wird „krachert“
Die anwesenden Kreativen loben die Verlässlickeit des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Brigitte Hobmeier denkt an die Sky-Serie „Souls“, die immer noch nicht gezeigt wurde und war erleichtert, dass der BR, nachdem es kurze Zeit fraglich gewesen sei, ob es überhaupt eine Fortsetzung geben solle, nun viermal 45 Minuten „Oktoberfest 1905“ produziert habe, die Ricklefs in ihrer Rede als „krachert“ kennzeichnete und mit Martina Gedeck; Misel Maticevic und Rainer Bock weitere Hochkaräter beim Entstehen der „Deutschen Eiche“ in München zeigt.
Jannis Niewöhner meint sogar, dass „Allegro Pastell“ nach der Romanvorlage von Leif Randt unter der Regie von Anna Roller seine „beste Arbeit der letzten vier, fünf Jahre“ gewesen sei. „Ich habe den Roman gelesen, eine Lebensgeschichte bei der man den meisten Teil fast abgestoßen ist von den Charakteren, weil die so um sich selbst kreisen und man denkt: Seid doch mal lebendig. Über allem ist so ein Zen-Vibe. Bis ich merkte: das hat auch viel mit mir zu tun. So ist unsere Generation.“
Gedreht wird auf Malta
Selbst der gefragteste Star dieser Generation spürt die Unsicherheit in der deutschen Filmbranche. „Man spürt eine totale Vorsicht in den Dingen, die gemacht werden. Ich denke dann: Hoffentlich führt diese Zeit und führen die Schwierigkeiten nicht dazu, dass man vorsichtiger und weniger experimentell wird und weniger risikobereit, in dem was man macht. Deshalb bin ich froh, dass ,Allegro Pastell‘ sich was traut und was Eigenes geworden ist – nicht nur eine Romanverfilmung.“ Aber auch Allegro Pastell entstand zu großen Teilen in Malta – und ein wenig in Frankfurt.
Der ehemalige ARD-„Kommissar Pascha“ Tim Seyfi gibt in „Charlie“ (2. März 2025 im Ersten), einem der letzten Fälle des „Tatort“-Ermittlergespanns Batic/Leitmayr einen sinistren Chef von großen Komparsenmassen bei einem Nato-Manöver auf einem Truppenübungsplatz. Er wundert sich noch immer „wie die mit ,Tatort‘-Mitteln so viele Hubschrauber, Panzer und Menschenmassen auftreiben konnten“. Seyfi dreht unterdessen mehr im Ausland, „weil die Wertschätzung dort einfach größer ist.“ Richtig divers geht es im „Polizeiruf 110: Ein feiner Tag für den Bananenfisch“ zu, wo Johanna Wokalek und Stephan Zinner die Dragqueens Menora, Peecabou und Tulip als Kronzeugen beschützen müssen und schließlich zu Klängen der „Village People“ tanzen.
Rosa von Praunheim und „30 Jahre an der Peitsche“
Produziert hat den Krimi, der im Frühjahr im Ersten läuft, Ariane Krampe. Das Buch stammt von Günter Schütter, der auch schon den vielgelobten BR-„Tatort: Frau Bu lacht“ geschrieben hatte. Fortgesetzt wird auch der „Passau-Krimi“ unter der Regie von Jan Fehse mit drei neuen Folgen. Thomas Prenn ist so etwas wie die BR-Entdeckung 2025 mit seinen Hauptrollen in „Querschuss“ (12. Februar) an der Seite des Ehepaars Andrea Sawatzki und Christian Berkel und als Verdächtiger in der Miniserie „Mord auf dem Inkapfad“ nach einer wahren Begebenheit.
Richtig bizarr wird es nicht nur in dem vom BR koproduzierten Film von Rosa von Praunheim mit dem Titel „30 Jahre an der Peitsche“, der mit den Worten eröffnet: „Meine Mutter wollte mich nicht“ und die Biographie einer Domina schildert. Oder in der Dokumentation „Eternal You – vom Ende der Endlichkeit“, in der Hans Block und Moritz Riesewieck von der Möglichkeit berichten, mit Hilfe Künstlicher Intelligenz Tote zum Leben zu erwecken. Hier chattet ein Joshua Tag und Nacht mit dem Klon seiner ersten Liebe.
Bis zur Ausstrahlung empfiehlt Bettina Ricklefs ab 27. Januar, dem Tag der Befreiung von Auschwitz, die elfteilige Serie „Die Ermittlung“, die aus dem Material des gleichnamigen Kinofilms entstand, in der ARD-Mediathek zu schauen. Ricklefs: „Im Fokus des Films steht der erste Frankfurter Auschwitz-Prozess, der auf erschütternde Weise die Gräuel des Holocaust offenlegt.“
Björn Wilhelm preist den Freitag, der am Abend mit dem Filmpreis seinen krönenden Abschluss fand, als einen „ziemlich schönen Tag im Leben eines Programmdirektors.“ Aber dann komme der Montag und mit ihm die Frage: „Wie schaffen wir es in diesen Zeiten, weiter so kreativ zu bleiben?“ In den letzten Wochen habe man „eine Politik erleben müssen, die sich nicht ans eigene Verfahren hält zur Erhebung des Rundfunkbeitrags“. Die Rundfunkanstalten müssten „einmal mehr dafür beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe klagen. Und das in einer Zeit, in der Desinformationen strategisch gestreut werden und sich immer mehr Menschen zurückziehen. In denen Meta keine Faktenchecks mehr macht. In diesen Zeiten braucht man einen unabhängigen öffentlich rechtlichen Rundfunk mehr denn je“, lautet Wilhelms Werbung in eigener Sache.
Björn Wilhelm sieht sich seit dem 1. Januar als Koordinator in der Verantwortung für die ganze Fiktion der ARD. „Wichtig ist, dass wir mit starken Filmen und Dokumentationen die Menschen zu uns führen. Es gibt kluge Unterhaltung und Fiktion. Wir verhandeln vor Millionen Menschen Themen unserer Zeit, die uns wirklich wichtig sind.“ Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei „ein unverzichtbarer Bestandteil für eine funktionierende Demokratie. Wir brauchen den Bayerischen Rundfunk nicht um seiner selbst willen, sondern weil er wichtig ist für die Gemeinschaft.“