Rees-Mogg als Showmaster : Schelmischer Sinn für Spaß
Jacob Rees-Mogg ist ein Meister der Verquickung von Politik und Schauspiel. Darin überflügelt den konservativen Abgeordneten zurzeit nur der Performancekünstler Boris Johnson. Die stilisierte Altertümlichkeit Rees-Moggs, die ihm verschiedentlich die spöttelnden Beinamen „Abgeordneter für das neunzehnte Jahrhundert“ oder „viktorianischer Bestattungsunternehmer“ eingebracht haben, steht in starkem Kontrast zu Johnsons stilisierter Lässigkeit. Beide sind Medienstars, die ihr Abgeordnetengehalt von 84 144 Pfund mit bezahlten Auftritten aufstocken.
Johnson hat im vergangenen Jahr allein als Redner 1,8 Millionen Pfund an Nebeneinkünften kassiert. Rees-Mogg, der bereits alle vierzehn Tage einen „Moggcast“ für den parteiunabhängigen rechtsgerichteten Blog „Conservative Home“ aufnimmt, wird demnächst eine Chatshow für den sich als Volkssender anpreisenden Kanal GB News moderieren, den er als „Bastion der Redefreiheit“ lobt. Der Arbeitgeber erwidert das Kompliment mit der Charakterisierung des neuen Moderators als „authentischer und maßgeblicher Stimme“ mit „erfrischender Direktheit und schelmischem Sinn für Spaß“.
Rees-Mogg, der vor einigen Jahren ein West-End-Theater bis auf den letzten Platz zu füllen vermochte, wird mit seiner Show durchs Land ziehen und Tagesthemen vor einem Livepublikum diskutieren. Der unter Liz Truss kurzzeitige Wirtschaftsminister sagt, er sei entschlossen, Menschen mit vielen verschiedenen Sichtweisen zu Wort kommen zu lassen. In direkter Konkurrenz zu ihm wird seine ehemalige Kabinettskollegin Nadine Dorries jede Woche die Show „Friday Night with Nadine“ moderieren.
Bei Dorries ist am kommenden Freitag der von ihr angehimmelte Boris Johnson als erster Gast angesagt. Sie und Rees-Mogg gehören beide zu den treuesten Anhängern des ehemaligen Premierministers und sähen ihn am liebsten wieder im Amt. Rees-Mogg hat Johnson am Wochenende sogar nach der Entlassung Nadhim Zahawis für dessen Nachfolge als Parteivorsitzenden vorgeschlagen. Und Dorries betrachtet Johnsons Sturz immer noch als Putsch. Die ehemalige Kulturministerin hat sich vom (konservativen) Vorsitzenden des Gremiums, das geschäftliche Berufungen von ehemaligen Ministern auf ihre Übereinstimmung mit den Vorschriften prüft, eine Rüge eingeholt.
15,2 Millionen Nebenverdienste
Sie hatte es versäumt, das Gremium zu fragen, ob die Moderatorenrolle im Einklang mit den Grundsätzen stehe. Vor einigen Jahren hatte der Vorsitzende bereits moniert, dass die konservative Abgeordnete Esther McVey kurz nach ihrem Ausscheiden aus einem Staatsministeramt, ohne um Erlaubnis zu fragen, als Moderatorin bei GB News anheuerte. Die Rüge blieb allerdings folgenlos.
In Großbritannien scheinen immer mehr Vertreter des Volkes, vor allem auf den konservativen Hinterbänken, ihr Abgeordnetengehalt als Nebeneinkunft zu betrachten. Seit der Wahl von 2019 haben Konservative nebenamtlich 15,2 Millionen Pfund verdient. Für das gesamte Unterhaus beläuft sich die Summe sogar auf 17,1 Millionen Pfund.