Olympisches Erbe am Eiffelturm :
Ringekampf

Andreas Platthaus
Ein Kommentar von Andreas Platthaus
Lesezeit: 2 Min.
Keine schlaue Idee, und schon gar keine schöne: die Olympischen Ringe am Eiffelturm
Die Olympischen Ringe sollen dauerhaft am Eiffelturm bleiben: Die spinnen, die Pariser.
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Gustave Eiffel war ein Mann fürs Geradlinige. Seine berühmteste Schöpfung ist ein Hinweiszeichen, das eine Einbahnstraße markiert: Von Paris aus kann es nur unmittelbar in den Himmel gehen. Keine Umwege, erst recht kein Kreisverkehr, wir haben ja schon die tägliche Verkehrskatastrophe rund um den Arc de Triomphe. Erlösung, nicht ewige Wiederkehr – dieses buddhistische Ideal verkörpert der Eiffelturm. Und seine phallische Form kann keine Kurven brauchen: Die Streben, die der versierte Brückenkonstrukteur Eiffel für die Weltausstellung von 1889 zum mit 312 Metern damals höchsten Gebäude der Welt verband, kennen nur Winkel.

Die Moderne pfiff aufs gotische Architekturprinzip der Lastenverteilung durch Spitz- und Strebebögen, mittels derer sich Straßburger Münster und Kölner Dom (jeweils Vorläufer des Eiffelturms als welthöchste Gebäude) aus der Erdenschwere lösten. Eiffels Spitzengewebe aus Stahl konnte man im Wortsinn durchschauen, religiöser Hokuspokus wich der Transparenz der Aufklärung – der Eiffelturm ist ein Produkt der ­Republik.

Doch just die will ihm nun Kettenglieder anlegen: jene fünf Ringe, die zur jüngsten Ausrichtung der Olympische Spiele von Paris in sechzig Meter Höhe zwischen erster und zweiter Plattform angebracht wurden. Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo hat verkündet, dass sie zum Andenken an die Spiele erhalten bleiben sollen, an „ihre Spiele“, wie Mme. Hidalgo nicht müde wird zu betonen, denn als die Stadt 2017 vom IOC den Zuschlag bekam, war sie schon Bürgermeisterin, aber sie vergisst zu erwähnen, dass sich alle Konkurrenten vorzeitig verabschiedet hatten, so dass die Wahl eher eine Verzweiflungs- als eine Überzeugungstat war. Dass Olympia 2024 in Paris als großer Erfolg gilt, ist indes unbestritten, und dass Politiker sich wünschen, dass große Erfolge lange im Gedächtnis bleiben, kann man verstehen – die nächste Bürgermeisterwahl steht in zwei Jahren an –, aber deshalb dauerhaft einen Fremdkörper ans Wahr­zeichen der Stadt schrauben?

Soll ­Hidalgo doch die brennende Montgolfiere über den Tuilerien weiter leuchten, und soll sie sogar die ästhetisch reaktionären zehn Frauenstatuen an der Seine stehen lassen (die kann man ja, wie man dank der Eröffnungsfeier weiß, auch wieder versenken). Zwei frühere Olympische Spiele überstand der Eiffelturm unverschandelt. Wenn er beringt nun zum grand projet der Bürgermeisterin werden soll, muss man sie kleingeistig nennen. Dem Turm weiterhin ein langes Leben, der Idee von Anne Hidalgo aber einen Kreislaufkollaps.

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