Wende am Immobilienmarkt : „Die Mietpreise explodieren“
Der deutsche Immobilienmarkt kommt in Bewegung. Das spürt der Chef und Inhaber der Merkur Privatbank , Marcus Lingel. Im Gespräch mit der F.A.Z. nennt er dafür zwei Gründe: „Die kurzfristigen Zinsen sinken, womit das Abwarten für einen Immobilienkauf unattraktiver wird. Zudem explodieren die Mietpreise, weil es zu wenig Wohnungen gibt.“ Er fühlt sich in seiner Aussage vom vergangenen April bestätigt, wonach nun der beste Zeitpunkt für Immobilien sei (F.A.Z. vom 26.4.2024). Seit vergangenem Herbst beobachtet die Merkur Privatbank eine Zunahme der Verkäufe. „Wir werden in diesem Jahr die Wende am Immobilienmarkt spüren“, ist Lingel überzeugt. Die anziehende Nachfrage werde auf ein reduziertes Angebot treffen. Deshalb würden die Preise vor allem in Ballungszentren steigen, unabhängig davon, ob der Zins einen halben Prozentpunkt höher oder niedriger liege.
Für die in München ansässige Merkur Privatbank, die sich mit ihren 500 Mitarbeitern bislang auf den süddeutschen Raum konzentriert, wird eine regionale Expansion nach Lingels Worten lohnend: „Denn dann könnten wir stärker von der Erholung am Immobilienmarkt profitieren. Unser Neugeschäftsvolumen wäre größer, wären wir an mehreren Standorten vertreten.“ Bislang ist Düsseldorf der nördlichste Standort der inhabergeführten Privatbank mit einer Bilanzsumme von vier Milliarden Euro.
Berlin ist ein interessanter Markt
Im vergangenen Jahr kam die Übernahme der in Hamburg sitzenden, mit einer Bilanzsumme von 400 Millionen Euro deutlich kleineren Schröder-Bank nicht zustande. Offenbar gab es keine Einigung in den Bewertungsfragen. Die Schröder-Bank hätte mit ihrem regionalen Schwerpunkt in Norddeutschland gut zu Merkur gepasst, sagt Lingel. „Dass es dann am Ende nicht geklappt hat, muss ich akzeptieren“, fügt er hinzu. Der Hamburger Markt sei für eine Privatbank interessant, aber er halte Berlin für interessanter. „In der Immobilienkrise war Berlin einer der besten Märkte, und es gibt weiterhin dort einen hohen Wohnungsbedarf. Ich kann mir vorstellen, dass die Merkur Privatbank an diesem Markt aktiv wird“, kündigt er einen weiteren Expansionsschritt an.
Doch wie dieser erfolgt, darauf will sich der Privatbankier nicht festlegen: „Grundsätzlich halte ich meine Augen immer offen, falls es interessante Gelegenheiten für eine Übernahme gibt. Sie ist aber keine strategische Notwendigkeit. Ich bin immer offen, muss aber nicht.“ Für Lingel ist sein Institut allein stark genug, um aus eigener Kraft wachsen zu können.
In der Vermögensanlage wächst die Merkur Privatbank nach seinen Worten derzeit sehr gut. Das verwaltete Vermögen steige seit vier Jahren jährlich um netto 350 bis 400 Millionen Euro. Das seien neue Gelder und beinhalte keine Kurssteigerungen. Gegenwärtig verwaltet die Bank über vier Milliarden Euro. „Das treibt auch unseren Provisionsüberschuss“, fügt Lingel hinzu. In den ersten neun Monaten 2024 ist dieser um 40 Prozent auf fast 22 Millionen Euro gestiegen.
Neugeschäft mit Bauträgern hinkt noch hinterher
Das Wachstum zeigt sich auch in der Mitarbeiterzahl: „In den vergangenen zwei Jahren haben wir über 150 neue Mitarbeiter eingestellt.“ Ein Übernahmekampf wie der zwischen Unicredit und Commerzbank sorge für Unruhe, die aber für die Gewinnung neuer Fachkräfte genutzt werden könne. „Frühere Kundenbetreuer der Commerzbank fühlen sich bei uns wohl“, berichtet Lingel.
Für Gegenwind hat in den vergangenen zwei Jahren die Krise am deutschen Immobilienmarkt gesorgt. Das spiegele das Neugeschäft mit Bauträgern. Im Jahr 2022 belief es sich noch auf 1,68 Milliarden Euro, ein Jahr später auf 840 Millionen Euro und im vergangenen Jahr auf nur noch rund 600 Millionen Euro. Mit der von Lingel erwarteten Erholung dürfte bald eine Wende eintreten.
Für ihn spielt die Wertekultur in seiner Bank die größte Rolle: „Unsere Mitarbeiter müssen unternehmerisch denken und Verantwortung übernehmen.“ Am wichtigsten sei die Verlässlichkeit, wie sie im Mittelstand durch den Handschlag zum Ausdruck komme: „Das setzt voraus, dass sich unsere Mitarbeiter mit unseren Werten identifizieren.“ Mit der Verlässlichkeit ist für den Bankchef die Dauerhaftigkeit verbunden. Das bedeute, an dem Geschäftsmodell festzuhalten und es nicht regelmäßig zu ändern. Das schließt für Lingel mit ein, aus Fehlern zu lernen und sich in schlechten Zeiten weiterzuentwickeln. „Das ist besser, als sich infrage zu stellen“, fügt er hinzu. So ließen sich Mitarbeiter und Kunden an die Bank binden. „Die unternehmerische DNA unterscheidet die Merkur Privatbank von allen anderen Banken, sie ist unser wichtigster Vermögenswert“, betont er.