Rehabilitation vom Krieg : Zuflucht auf dem Heiligen Berg
Eine Gruppe ukrainischer Soldaten trägt ihre körperlichen und seelischen Wunden nach Griechenland. Die insgesamt 22 Männer sind mit dem Bus mehr als tausend Kilometer von der westukrainischen Stadt Lwiw zu einem Kloster auf der Halbinsel Athos in Nordgriechenland gefahren.
Während ihres viertägigen Aufenthalts, der Teil eines von den ukrainischen Behörden organisierten Programms zur psychologischen Betreuung ist, pilgern die Soldaten zu mehreren Klöstern an den steilen Hängen des Berges Athos, der seit dem 10. Jahrhundert ein spirituelles Zentrum ist.
„Viele Soldaten leiden unter den Ereignissen, die in den letzten drei Jahren stattgefunden haben. Viele von ihnen leiden an verschiedenen Krankheiten. Sie sind verwundet, und wir müssen sie rehabilitieren“, sagt Pater Mychaijlo Pasirskyj, ein ukrainisch-orthodoxer Priester, der die Männer auf ihrer Reise begleitet.
Der 22 Jahre alte Iwan Kowalyk verlor an der Front beide Beine unterhalb des Knies. Er brachte den Soldaten, die ihn ablösen sollten, etwas Verpflegung mit, als in der Nähe eine Granate explodierte.
Seine Kameraden tragen ihn über das unebene Kopfsteinpflaster und die engen Klostertreppen hinauf. Meist läuft er aber ohne Hilfe und sei mit seinem Zustand zufrieden.
„Natürlich hat es mir sehr geholfen, Stress abzubauen“, sagt er über den Besuch auf dem Athos, den er wiederholen möchte. „Es gab immer Unterstützung von Verwandten, von Freunden, von Mitstreitern, Unterstützung vom Staat, ohne die das nicht möglich gewesen wäre.“
Der Athos ist seit der byzantinischen Zeit eine geistige Heimat der orthodoxen Kirche. Das Gebiet wurde 1988 in die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen. Einige alte Bräuche haben sich erhalten. Bis heute dürfen nur Männer den Ort besuchen.
Auch die russisch-orthodoxe Kirche ist seit Langem mit Athos verbunden. 2016 besuchte Russlands Präsident Wladimir Putin die Insel, um das tausendjährige Bestehen der ersten Ansiedlung russischer Mönche zu feiern. Doch weil das NATO-Mitglied Griechenland die Ukraine im Krieg unterstützt, hat sich die Beziehungen zu Moskau verschlechtert. Die ukrainischen Soldaten besuchen nur griechisch-orthodoxe Stätten.
„Wir sehen schon jetzt, dass diese fünf Tage auf dem Athos mindestens ein Jahr Rehabilitation in der Ukraine, in Krankenhäusern oder anderen medizinischen Zentren ersetzen“, sagt Orest Kawetskyj, ein Beamter der Region Lwiw, der die Reise mitorganisiert hat.
„Als ich auf dem Athos war, habe ich Gottes Gnade, Gottes Segen und die Größe des Athos gespürt.“