Nationalisten vor Unionisten : Sinn Fein gewinnt Kommunalwahlen in Nordirland
Die irisch-katholische Partei Sinn Fein ist der Gewinner der Kommunalwahlen in Nordirland. Wie schon bei den Wahlen zum nordirischen Regionalparlament im vergangenen Jahr hat Sinn Fein mit ihrem gestiegenen Wähleranteil die Partei der protestantischen Demokratischen Unionisten (DUP) als stärkste politische Kraft überholt. Gewinne verzeichnete auch die Allianz-Partei, die sich keinem der beiden gesellschaftlich-politischen Lager in Nordirland zuordnen lassen will.
Die Verlierer der Wahl sind die jeweils kleineren, und tendenziell gemäßigteren Parteien der beiden Lager, die unionistische UUP und die irisch-katholische SDLP. Von den 462 zur Wahl ausgeschriebenen Sitzen in Stadt- und Kreisparlamenten gewann Sinn Fein 144 Mandate, 39 mehr als vor vier Jahren. Die DUP erreichte 122 Sitze und hielt damit exakt ihr Ergebnis; die Allianzpartei gewann 14 Sitze hinzu und hält jetzt 67. Ulster Unionisten und Sozialdemokraten (SDLP) verloren jeweils rund 20 Sitze.
Die Verluste der kleineren Parteien wurden möglicherweise durch das in Nordirland angewendete Wahlsystem begünstigt, bei dem ein übertragbares Einstimmen-Wahlrecht gilt, das es Wählern erlaubt, auch Zweit- und Drittpräferenzen anzugeben, die zum Zuge kommen, falls kein Kandidat in der ersten Auszählung eine absolute Mehrheit erreicht und dann die Zweitpräferenzen des Kandidaten mit der geringsten Zustimmung auf die anderen Bewerber verteilt werden.
Schon die Regionalwahlen im vergangenen Jahr hatten die politischen Verhältnisse in Nordirland erschüttert. Damals hatte Sinn Fein erstmals die meisten Wählerstimmen und damit den Anspruch errungen, den Ministerpräsidenten der Regionalregierung (First Minister) zu stellen. Die Demokratischen Unionisten, die diese Rolle zuvor innehatten, verließen jedoch das Regionalparlament und blockierten damit die Regierungsbildung.
Die Selbstverwaltung ist damit seit rund einem Jahr ausgesetzt; sie war in den 25 Jahren seit dem Abschluss des nordirischen Friedensschlusses, dem sogenannten Karfreitagsabkommen, schon mehrmals für einige Zeit unterbrochen.
Der Vorsitzende der DUP, Jeffrey Donaldson, beteuerte, seine Partei habe in den Kommunalwahlen ihren Stimmenanteil verstärken wollen, um weitere Änderungen im Abkommen Großbritanniens mit der EU über die Handelsbestimmungen bezüglich Nordirlands zu erreichen. Die DUP argumentiert, die eingeführten Warenkontrollen für Güter, die von britischen Häfen nach Belfast verschifft werden, beeinträchtigten Nordirlands Union mit Großbritannien. Die stellvertretende Vorsitzende von Sinn Fein, Michelle O’Neill, sprach von einem „historischen Ergebnis“.