Regierung vor Aus :
An der EU scheiden sich in Oslo die Geister

Von Julian Staib, Hamburg
Lesezeit: 2 Min.
Norwegens europafreundlicher Ministerpräsident Jonas Gahr Støre (rechts) und der euroskeptische Finanzminister Trygve Slagsvold Vedum am 30. April 2024 in Oslo.
Der Ministerpräsident sucht in der Energiepolitik die Anbindung zur EU, sein Koalitionspartner will mehr nationale Kontrolle. Nun könnte Norwegens Regierung zerbrechen.
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Norwegens Minderheitsregierung droht der Bruch aufgrund eines Streits über die Frage, wie eng sich das rohstoffreiche Land bei Fragen der Energiepolitik an die EU annähern soll. Während die sozialdemokratische Arbeiterpartei unter Ministerpräsident Jonas Gahr Støre für eine engere Anbindung ist, lehnt die europaskeptische Zentrumspartei von Finanzminister Trygve Slagsvold Vedum das ab.

Führende Mitglieder der Zentrumspartei hatten zuletzt einen Rückzug aus der Regierung gefordert, sollte eine stärkere Annäherung an die EU in Energiefragen erfolgen. Nach einem Treffen der Parteispitze kündigte Vedum am Montag weitere Gespräche an, Ziel sei es weiterhin, mit dem Koalitionspartner eine Lösung zu finden. Der europäische Strommarkt sei „dysfunktional“, es brauche mehr Stabilität und gehe darum, „die Kontrolle zurückzugewinnen“, so Vedum.

Ministerpräsident wenig kompromissbereit

Ministerpräsident Støre hatte kürzlich der Zentrumspartei vorgeworfen, die Energiezusammenarbeit mit der EU zu blockieren. Støre will drei von acht Richtlinien des EU-Pakets für saubere Energie unterzeichnen. Dabei geht es etwa um die Förderung von erneuerbaren Energien und die Energieeffizienz von Gebäuden.

Er zeigte sich dabei wenig kompromissbereit. Das EU-Paket habe für das Wohl des Landes oberste Priorität, sagte Støre am Freitag. Er warb für das Vorhaben auch mit Verweis auf einen sich abzeichnenden Handelskonflikt zwischen den USA und Europa sowie auf sicherheitspolitische Fragen. Wenn das Land bei Energiefragen ins Hintertreffen gerate, könne das negative Folgen für andere Abkommen haben, die Norwegen mit der EU anstrebe, so Støre.

Norwegens Bedeutung als Energielieferant für Europa hat in Folge des russischen Angriffskriegs enorm zugenommen. Im Jahr 2023 kamen rund ein Drittel der Gasimporte in der EU aus Norwegen, in Deutschland betrug der Wert 43 Prozent. In Norwegen sind die Profite durch den Verkauf von Öl und Gas enorm gestiegen. Allerdings stiegen teils auch die Strompreise rasant, was mit der Verbindung zum europäischen Strommarkt erklärt wird. Deswegen streben die Regierungsparteien weniger anstatt mehr Stromkabelverbindungen mit Dänemark an.
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