Regierungsbildung in Wien :
Die Steigbügelhalter der FPÖ

Nikolas Busse
Ein Kommentar von Nikolas Busse
Lesezeit: 1 Min.
Neue Lage: Bundespräsident Van der Bellen (links) erteilt Kickl den Auftrag zur Regierungsbildung.
In Österreich profitiert die FPÖ nicht nur von der Kehrtwende der ÖVP, sondern von der allgemeinen Uneinigkeit der Parteien der Mitte. Der Bundespräsident hatte keine Wahl.
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In der rechtspopulistischen Welle, die so viele westliche Gesellschaften erfasst hat, ist Österreich eine Ausnahme, weil die FPÖ schon mehrfach an der Macht war. Das gilt sowohl für die Bundesregierung in Wien als auch für einige Koalitionen auf Landesebene. Neu ist, dass sie nun die Chance bekommt, im Bund den Regierungschef zu stellen.

Aber auch das ist kein Sonderfall mehr in Europa. Die Zeiten, in denen andere EU-Staaten wegen einer Regierungsbeteiligung der FPÖ Sanktionen gegen Wien verhängten, sind lange her; heute hat die Partei sogar viele Verbündete in Brüssel.

Respekt vor dem Wähler

Bundespräsident Van der Bellen, immerhin ein früherer Grüner, begründete seine Entscheidung, Kickl mit der Regierungsbildung zu beauftragen, mit der Verfassung und dem Respekt vor dem Wähler. Das muss in einer Demokratie in der Tat der Maßstab sein, auch wenn man politisch anderer Meinung ist. Zu oft geht dieser Grundsatz in den aufgeheizten Debatten unserer Zeit unter.

Steigbügelhalter der FPÖ ist allerdings nicht nur die ÖVP, deren Kehrtwende Kickl den Weg vom politischen Paria zum Kanzler eröffnet hat. Er profitiert von der allgemeinen Uneinigkeit und Unwilligkeit der Parteien der Mitte, weshalb Van der Bellen letztlich keine Wahl mehr hatte.

Auch das kennt man aus anderen europäischen Ländern. Die Versäumnisse der bürgerlichen und der linken Parteien, von der Mi­gration bis zur Wirtschaft, bereiten Rechtspopulisten erst den Weg zur Macht.

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