Politiker von SPD und Grünen haben Altbundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihren Respekt für deren Kritik an dem gemeinsamen Votum von Union und AfD zur Migrationspolitik ausgesprochen. Mit den Worten „der Anstand“ überschrieb Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD) seinen Hinweis auf die Erklärung Merkels im Internetdienst X.
„Danke Angela Merkel“, schrieb Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) auf X. Deren Worte „und dass sie überhaupt von ihr jetzt gesagt werden (müssen) zeigen den Abgrund, auf den die Union sich zubewegt“, fügte sie hinzu. „Es gibt sie, die aufrichtigen Christdemokraten in der Union“, schrieb der Grünen-Bundestagsabgeordnete Bruno Hönel. „Angela Merkel ist eine von ihnen.“
„Nicht kanzlerfähig“
Grünen-Parteichef Felix Banaszak schrieb auf X zu der Erklärung Merkels, es sei „traurig, dass in der Unionsspitze der Wunsch nach Abgrenzung zu ihr größer zu sein scheint als gegenüber der AfD. Merkel „stand immer für eine CDU der demokratischen Mitte“, schrieb der Grünen-Bundestagsabgeordnete Marcel Emmerich. Im Gegensatz zu Merz tue sie dies auch heute noch.
„Nach Kirchen, Gewerkschaften und eigenen Parteimitgliedern wie Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther kritisiert jetzt Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel den historischen Tabubruch von Friedrich Merz“, hieß es in einer Erklärung des SPD-Parteivorstands. „Friedrich Merz hat mit dem Niederreißen der Brandmauer die politische Mitte verlassen“, hieß es in dem auf X verbreiteten Text weiter. Der CDU-Chef habe mit seinem Verhalten gezeigt, dass er „nicht kanzlerfähig“ sei.
Zuvor hatte Merkel das Vorgehen der Union kritisiert, die ihren Antrag zur Verschärfung der Migrationspolitik mit Stimmen der AfD durchgesetzt hat. In einer von ihrem Büro veröffentlichten Erklärung verwies sie auf eine frühere Aussage von Friedrich Merz, nur mit SPD und Grünen zuvor vereinbarte Entscheidungen auf die Tagesordnung zu setzen, damit keine Mehrheit mit der AfD zustande kommt. „Dieser Vorschlag und die mit ihm verbundene Haltung waren Ausdruck großer staatspolitischer Verantwortung, die ich vollumfänglich unterstütze.“
Merkel fügte hinzu: „Für falsch halte ich es, sich nicht mehr an diesen Vorschlag gebunden zu fühlen und dadurch am 29. Januar 2025 sehenden Auges erstmalig bei einer Abstimmung im Deutschen Bundestag eine Mehrheit mit den Stimmen der AfD zu ermöglichen.“
Stattdessen sei es erforderlich, „dass alle demokratischen Parteien gemeinsam über parteipolitische Grenzen hinweg, nicht als taktische Manöver, sondern in der Sache redlich, im Ton maßvoll und auf der Grundlage geltenden europäischen Rechts, alles tun, um so schreckliche Attentate wie zuletzt kurz vor Weihnachten in Magdeburg und vor wenigen Tagen in Aschaffenburg in Zukunft verhindern zu können“.
Der Bundestag hatte am Mittwoch einem Antrag der Union zugestimmt, der Zurückweisungen von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen vorsieht. Dafür stimmten 187 Abgeordnete der Union, 75 AfD-Abgeordnete sowie 80 Angehörige der FDP-Fraktion und 6 Fraktionslose. Zusammen sind das 348 Stimmen. 344 Abgeordnete stimmten dagegen.