Auflösung des Bundestags :
Was an dieser Neuwahl unfair ist

Jasper von Altenbockum
Ein Kommentar von Jasper von Altenbockum
Lesezeit: 2 Min.
Bundeskanzler Olaf Scholz bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am 16. Dezember nach der Vertrauensfrage im Schloss Bellevue.
Es mag gute Gründe für die Auflösung des Bundestags geben. Nötig ist sie nicht. Denn es gäbe eine alternative Regierungsmehrheit.
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Es ehrt den Bundespräsidenten, dass er sich zehn Tage Zeit genommen hat, nach der Vertrauensfrage des Kanzlers seine Entscheidung über die Auflösung des Bundestags zu treffen. Er hätte laut Grundgesetz sogar noch viel mehr Zeit dafür. Aber die Zeit drängt, der Wahltermin steht fest, die Parteien stehen mitten im Wahlkampf und schließen schon ein „Fairnessabkommen“.

Frank-Walter Steinmeier hat sich deshalb am Freitag dieser Dramaturgie der Parteien gefügt und den 20. Bundestag aufgelöst. Erleichtert wurde ihm diese Entscheidung dadurch, dass Olaf Scholz, anders als einige seiner Vorgänger, an einer „echten“ Vertrauensfrage gescheitert ist. Aber war sie auch wirklich ehrlich gemeint?

Das Volk wählt den Bundestag, nicht die Regierung

Nicht ganz echt daran war, dass dahinter die einzige Absicht stand, den Bundestag aufzulösen. Das kann, muss aber nicht, ja darf nicht die unweigerliche Konsequenz einer gescheiterten Vertrauensfrage sein. Steinmeiers Zehn-Tages-Frist dient wenigstens pro forma dem Versuch, den 20. Bundestag daran zu erinnern, warum er gewählt wurde und warum er diese Verantwortung nicht einfach per „Neuwahl“ auf den 21. Bundestag abwälzen kann.

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SonntagsfrageWie stehen die Umfragen vor der Bundestagswahl?

Im Bundestag gibt es immerhin eine alternative Regierungsmehrheit zur Ampelkoalition, die schon nach der Bundestagswahl von 2021 erwogen wurde und vielleicht die bessere Variante gewesen wäre. Dagegen spricht nicht einmal, dass der Kanzler dieser Jamaika-Koalition jetzt nicht, wie damals im Wahlkampf angeboten, Armin Laschet, sondern Friedrich Merz heißen würde. Das Volk wählt den Bundestag, aber nicht die Regierung, nicht eine Koalition und nicht deren Kanzler. Das tut allein der Bundestag.

Daran zu erinnern ist nötig zu Beginn eines Wahlkampfs, der über solche (zugegeben: reichlich theoretische) Überlegungen einfach hinweggeht. Es mag gute Gründe für diese Wahlen geben, die mit dem großen Wort Legitimation beschrieben sind. Doch es ist dies eine Legitimation, die von den Parteien her gedacht ist, nicht vom Parlament und nicht vom freien Mandat der Bundestagsabgeordneten her. Das ist nicht fair.

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