Schröders bizarrer Abgang : Als der Deckel vom Kessel flog

Vor zehn Jahren endete die Ära des Kanzlers Schröder. Mit einem bizarren Abgang machte er seine Nachfolgerin stark. In einem Gastbeitrag für die F.A.S. wirft der Historiker und Schröder-Biograph Gregor Schöllgen einen Blick zurück auf eine legendäre Wahlnacht.
Im Frühjahr 2005 stieß Gerhard Schröder an seine Grenzen. Eigentlich war Überforderung für ihn ein Fremdwort. Und massive Angriffe kannte er nicht erst, seit er im Oktober 1998 als dritter Sozialdemokrat nach Willy Brandt und Helmut Schmidt das Kanzleramt bezogen hatte. Doch der Dauerbeschuss, unter dem er und seine rot-grüne Regierung jetzt lagen, hatte eine neue Qualität. Der Respekt, den ihm im Frühjahr 2003 das Nein zur Teilnahme am Irak-Krieg der Amerikaner eingetragen hatte, war verflogen. Und dass sein Programm umfassender innerer Reformen, die "Agenda 2010", die der Bundeskanzler Mitte März 2003 im Bundestag vorgestellt hatte, ein Jahrzehnt später national wie international als vorbildlich gelten könnte, glaubte im Frühjahr 2005 kaum jemand.