Lüttich-Bastogne-Lüttich :
Parforceritt des Jungstars

Von Alex Westhoff
Lesezeit: 2 Min.
Demütiger Sieger: Remco Evenepoel
Der Belgier Evenepoel gewinnt den Frühjahrsklassiker in seiner Heimat vor zwei Landsleuten – und gilt nun wieder als der nächste Eddy Merckx. Weltmeister Julian Alaphilippe verletzt sich bei einem Massensturz schwer.
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Es ist ein ewiges, 257 Kilometer langes Auf und Ab in den Ardennen. Die über 4300 Höhenmeter bei Lüttich-Bastogne-Lüttich werden den Radprofis traditionell in unzähligen Häppchen gereicht. So auch bei der 108. Ausgabe am Sonntag, Tradition verpflichtet halt.

Tradition im Peloton ist eigentlich auch, dass sich die belgische Mannschaft Quickstep zur dominierenden Kraft der Klassikersaison aufschwingt. Doch in diesem Jahr war es nichts mit der vertrauten blau-weißen Herrlichkeit auf den Podien der großen Eintagesrennen. Bis zum Sonntagnachmittag.

Das Wunderkind kann doch gewinnen

Remco Evenepoel rettete mit seinem Triumph am Place Saint-Lambert in Lüttich nicht nur das Frühjahr seiner Equipe, sondern gewann sein erstes Radsport-Monument. Just zu einem Zeitpunkt, als in der Szene Stimmen laut geworden waren, dass aus dem Wunderkind womöglich doch kein wunderbarer Seriensieger werden würde. Nun dürfte der 22-Jährige im radsportverrückten Belgien wohl wieder verstärkt als der nächste Eddy Merckx gehandelt werden.

29 Kilometer vor dem Ziel, an der Cote de la Redoute, war Evenepoel aus dem Sattel gegangen. Der Angriff kam nicht unbedingt überraschend, aber sein Antritt war so mächtig, dass niemand folgen konnte. Als Solist machte der belgische Jungstar sich auf den Weg – ein Parforceritt sondergleichen.

Podium in belgischer Hand

Es war ein Leichtes für ihn, die letzten versprengten Fahrer aus der Ausreißergruppe aufzusammeln und nahezu stehen zu lassen. Für die Belgier sollte es gar ein Heimsieg auf der ganzen Linie werden. 48 Sekunden hinter Evenepoel folgten dessen Landsleute Quinten Hermans und Topfavorit Wout van Aert.

Deutsche Profis spielten bei der diesjährigen „La Doyenne“, dem ältesten Eintagesrennen der Welt, keine Rolle. Maximilian Schachmann, Dritter 2019, verpasste krankheitsbedingt quasi das gesamte Frühjahr. Dessen Kollegen von der deutschen Mannschaft Bora-hansgrohe waren drauf und dran, der bisher enttäuschenden Klassikerkampagne des Rennstalls ein spätes Glanzlicht zu liefern. Der Russe Aleksandr Vlasov steuerte im Finale lange auf den zweiten Platz zu, ehe ihm die Kräfte ausgingen. Der Kolumbianer Sergio Higuita schaffte es immerhin auf Rang fünf.

Evenepoel wurde im Ziel von seinen Gefühlen übermannt. „Ich hatte vielleicht den besten Tag auf dem Rad“, sagte er. Als 20-Jähriger schien er die Radsport-Welt aus den Angeln zu heben. 2020 siegte er tatsächlich bei allen Rundfahrten. Doch sein Siegeszug wurde bei der Lombardei-Rundfahrt jäh unterbrochen, als er sich bei einem schweren Sturz einen Beckenbruch zuzog.

Nach seinem Comeback agierte Evenepoel nicht mehr ganz so glanzvoll. Als am Sonntag bei einem Massensturz 60 Kilometer vor dem Ziel Teamkollege und Weltmeister Julian Alaphilippe zu Boden ging (siehe unten), lagen die Hoffnungen bei Quickstep auf Evenepoel. Er enttäuschte sie nicht.

Alaphilippe bei Sturz schwer verletzt

Der französische Rad-Weltmeister Julian Alaphilippe hat sich bei dem Massensturz 62 Kilometer vor dem Ziel beim Frühjahrsklassiker Lüttich-Bastogne-Lüttich erhebliche Verletzungen zugezogen. Dem 29-Jährigen brachen ein Schulterblatt und zwei Rippen. Zudem zog er sich eine Lungenverletzung zu. Das gab sein Team Quick Step am Abend bekannt. Sein Zustand sei stabil. Alaphilippe bleibe vorerst noch zur Beobachtung im Krankenhaus. Wie lange er ausfällt, wurde nicht mitgeteilt. In den Unfall war auch Alaphilippes belgischer Teamkollege Ilan Van Wilder verwickelt. Er wird nach einem Kieferbruch ebenso weiter in einer Klinik behandelt. (dpa)

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