Zugfahren in der Schweiz

Das Verlangen nach körperlicher Konfrontation ist groß. Die Deutsche Bahn am Kragen zu packen, sie anzubrüllen, zu schütteln und zu fragen, warum wieder der Zug ausfällt. Die Reise ins schweizerische Zermatt ist seit Monaten perfekt geplant. Nur zwei Umstiege in Bern und Visp, dann geht es durch das malerische Wallis hoch auf 1608 Meter, wo eines der schönsten Skigebiete Europas wartet. Doch der Erregungszustand geht gegen null. Kopf schütteln, App öffnen, Alternative suchen und Sitzplätze buchen. Dann halt Frankfurt, Basel, Olten, Bern, Visp und Zermatt. Geht auch. Ruhig und entspannt geht es sieben Tage später wieder zurück. Der Zug in Zermatt startet pünktlich. Wie sollte es anders sein in der Schweiz? Neun Minuten Umsteigezeit in Visp sind geradezu üppig.

Doch auch die Schweizer Bahn kann Verspätung. Ein, zwei, drei, vier Minuten . . . Dass der Zugführer darüber informiert, dass wir auf einen entgegenkommenden Zug warten, weil die Strecke meist eingleisig befahren wird, ist nett, erhöht aber unseren Puls und Verlangen, den Schaffner anzuschreien, warum es jetzt auch in diesem Land ein Kreuz ist mit der Bahn. Doch wir bleiben wie das Wetter, kühl. Und setzen auf „Halt auf Verlangen“! In diesem Zug kann man vor bestimmten Stationen einen Knopf drücken, so wie in Deutschland im Bus oder der Tram, um zu signalisieren, dass man aussteigen will. Drückt keiner, hält der Zug nicht. Hält er nicht, kann er wichtige Minuten auf der etwa einstündigen Fahrt herausfahren. Natürlich hatte ein Fahrgast das Verlangen. In Visp gelingt es trotz der Verspätung von fünf Minuten, den Zug nach Basel zu bekommen. Unterwegs ging der Blick immer wieder aufs Smartphone, um vorbereitet zu sein, falls der ICE nach Frankfurt ausfällt. Doch er fuhr pünktlich ab. Und kam fast pünktlich an. Mit nur vier Minuten Verspätung.