Konjunktur : Bundesbank sieht weiter hohen Reformbedarf am Arbeitsmarkt

Wegen des zunehmenden internationalen Wettbewerbs um Produktionsstandorte und Arbeitsplätze fordert die Bundesbank mehr Flexibilität bei Lohn- und Arbeitszeitmodellen in Deutschland.
Trotz zahlreicher Maßnahmen zur Verbesserung der Funktionsfähigkeit des deutschen Arbeitsmarktes sieht die Bundesbank weiterhin die Notwendigkeit tiefgreifender Reformen.
In ihrem am Montag veröffentlichten Monatsbericht September betont die Bundesbank, daß fraglich sei, ob die bisher ergriffenen Anpassungsschritte ausreichten, die Arbeitslosigkeit hierzulande in großem Umfang zu vermindern. Besonders wegen des weiter zunehmenden internationalen Wettbewerbs um Produktionsstandorte und Arbeitsplätze werde der Druck, die Anpassungsfähigkeit zu verbessern, hoch bleiben oder sich noch verstärken.
Insofern seien weitere Anstrengungen bei den Lohnstrukturen notwendig, um das bislang brachliegende Arbeitskräftepotential produktiv zu nutzen. Zudem sollten nach Auffassung der Bundesbank die in den vergangenen 20 Jahren vorgenommenen pauschalen Verkürzungen der Wochenarbeitszeiten, denen kein beschäftigungspolitischer Erfolg beschiedenen gewesen sei, von Regelungen abgelöst werden, die den Interessen der Unternehmen und Arbeitsnehmer besser gerecht würden.
Dabei sei auch der Gesetzgeber aufgefordert, seinen Beitrag zur weiteren Flexibilisierung des Arbeitsmarktes zu leisten. Laut Bundesbank ist vor allem daran zu denken, daß die Regeln des Kündigungsschutzes einen wesentlichen Einfluß auf das Einstellungsverhalten der Unternehmen haben. Zudem sollte das Günstigkeitsprinzip, das nur Abweichungen vom Tarifvertrag zuläßt, wenn sie zu Gunsten des Arbeitnehmers ausfallen, um Aspekte der Arbeitsplatzerhaltung erweitert werden. Ferner gelte es, den Abgabenkeil am Arbeitsmarkt weiter zu verringern. Von der Einführung gesetzlicher Mindestlöhne rät die Bundesbank ab.
Zu den jüngeren Maßnahmen der Bundesregierung, die Funktionsfähigkeit des Arbeitsmarktes zu verbessern, erlaubt sich nach Einschätzung der Bundesbank zwar noch keine tiefgehende Beurteilung, da die Wirkungsphase bislang noch kurz sei bzw einige Veränderungen - so im Rahmen von Hartz-IV - erst 2005 bzw 2006 einträten. Allerdings zeige das kurzfristige statistische Bild bereits, daß am Arbeitsmarkt nach langer Zeit einiges in Bewegung gekommen sei. Auch sei die Abkehr von der aktiven Arbeitsmarktpolitik alter Prägung zu begrüßen, so die Bundesbank weiter.
Aus statistischer Sicht weist die Bundesbank noch einmal darauf hin, daß Deutschland - gemäß der standardisierten Definition der EU - mit gegenwärtig saisonbereinigt 9,9 Prozent zu den Ländern mit der höchsten Erwerbslosenquote innerhalb des Euroraums gehört. Die Zahl der registrierten Arbeitslosen lag dabei zuletzt im August bei knapp 4,35 Millionen. 1992 hatte sich dieser Wert noch auf rund 3 Millionen belaufen.