Diskussion um Neuverschuldung :
Mit Geld lassen sich nicht einfach Stimmen kaufen

Gerald Braunberger
Ein Kommentar von Gerald Braunberger
Lesezeit: 2 Min.
Besser sparen oder besser investieren? Deutschland tendiert bisher zur schwäbischen Hausfrau.
Jeder Kanzlerkandidat der Union wird zur künftigen Finanzpolitik eine klare Position beziehen müssen. Dabei sind in Deutschland die Vorbehalte gegen schuldenfinanzierte Steuersenkungen groß.
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In Amerika wächst die staatliche Neuverschuldung unter Präsident Donald Trump kräftig. Nach Schätzungen von Ökonomen könnte die jährliche Neuverschuldung spätestens vom Jahr 2022 an die Marke von einer Billion Dollar überschreiten. An den Finanzmärkten erzeugen diese Aussichten keine Sorgenfalten.

In Großbritannien hat Premierminister Boris Johnson nicht nur große und prestigeträchtige Infrastrukturprojekte in Aussicht gestellt, deren Verwirklichung teuer würde. Im Rahmen einer Kabinettsumbildung ist Finanzminister Sajid Javid zurückgetreten.

Viele Beobachter erwarten, dass sein Nachfolger Johnson keinen Widerstand leisten wird, wenn der Premierminister auch noch Geld für andere Projekte benötigen sollte, mit deren Hilfe sich der von der Labour Party eroberte Norden Englands vielleicht noch enger an die Konservativen binden lässt. Und selbst in den üblicherweise als finanzpolitisch stockkonservativ bekannten Niederlanden wächst in der Regierung Mark Ruttes die Bereitschaft zu mehr Kritik an der Marktwirtschaft und einer Lockerung der Finanzpolitik.

Eine Debatte zur Unzeit

Jeder Kanzlerkandidat der Union, ob aus Nordrhein-Westfalen oder aus Bayern stammend, wird zur künftigen Finanzpolitik eine klare Position beziehen müssen. Angesichts der nachlassenden Konjunktur kommt diese Debatte zur Unzeit. Denn während in den Wirtschaftswissenschaften wie in der Politik die Ansicht weit verbreitet ist, dass in einer eventuellen Rezession die Bereitschaft zu einer vorübergehenden Neuverschuldung zum ökonomischen gesunden Menschenverstand gehört, bestehen in Deutschland größere Vorbehalte als in anderen Ländern, zur Finanzierung von Steuersenkungen oder zur Finanzierung langfristiger Investitionsprogramme eine Neuverschuldung des Staates zu akzeptieren.

Mit Geld lassen sich nicht einfach Stimmen kaufen. Doch die Frage, ob zur Bekämpfung eines Populismus, der sich um die finanziellen Kosten seiner Visionen nicht kümmert, auch für bürgerliche Kräfte aus der Mitte eine Politik notwendig ist, die das Portemonnaie öffnet, wird sich auch in einem Land stellen, in dem nicht nur in seinem Süden die sprichwörtliche Hausfrau nichts mehr verachtet als Schulden.

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