„Deals im Strafverfahren“ : BGH-Richter warnt vor Rechtsbeugung
Verteidiger, Staatsanwälte und Gerichte handeln manche Strafurteile heimlich untereinander aus. Ein Strafrichter des Bundesgerichtshofs warnt jetzt: Wenn Anwälte und Richter dabei die neuen Vorgaben der Strafprozessordnung umgehen, machen sie sich selbst der Rechtsbeugung und der Beihilfe dazu schuldig.
Die neuen Beschränkungen für Absprachen in Strafprozessen werden offenbar systematisch umgangen. Thomas Fischer, Strafrichter am Bundesgerichtshof (BGH), warnte auf dem Frühjahrssymposion des Deutschen Anwaltvereins "nachdrücklich vor solcherlei Praktiken". Der Bundesgerichtshof könne es keinesfalls hinnehmen, wenn die Vorschriften informell unterlaufen würden, sagte Fischer auf der Veranstaltung in Karlsruhe. Allen Beteiligten - Richtern am Landgericht wie Strafverteidigern - drohe in solchen Fällen selbst ein Strafverfahren wegen Rechtsbeugung.
Sogenannte "Deals", bei denen Staatsanwälte und Verteidiger mit dem Gericht ein Urteil aushandeln, sind insbesondere in Wirtschaftsdelikten üblich, um die Verfahren einvernehmlich abzukürzen. Ein besonders typischer Handel lautet: Geständnis gegen Bewährungsstrafe. Diese Absprachen waren lange umstritten, etwa im "Mannesmann-Prozess" und im Strafverfahren gegen den früheren VW-Personalvorstand Peter Hartz. Auch im Steuerstrafprozess gegen den Ex-Postchef Klaus Zumwinkel soll es solche Verabredungen gegeben haben. Vor einem Jahr wurden sie durch eine Gesetzesänderung aber ausdrücklich erlaubt; bis dahin gab es nur ein Grundsatzurteil des Großen Senats am Bundesgerichtshof dazu. Eine Voraussetzung ist jedoch seither, dass die im Hinterzimmer getroffenen Verabredungen anschließend in der Hauptverhandlung öffentlich bekanntgegeben werden. Außerdem dürfen sich die drei Seiten nicht mehr darauf einigen, dass das anschließend verkündete Urteil durch einen Verzicht auf Rechtsmittel sofort rechtskräftig wird.