Autozulieferer ZF steckt in der Krise: Nun werden Tausende Stellen gestrichen

Die jüngste Nachricht des hoch verschuldeten Autozulieferers ZF Friedrichshafen , der bis Ende 2028 zwischen 11.000 bis 14.000 Stellen in Deutschland streichen will, hallt am Bodensee kräftig nach. Nun kassierte das Stiftungsunternehmen anlässlich der Halbjahreszahlen gleichfalls die Prognose. Es rechnet nun nur noch mit einem Umsatz von 42,5 bis 43,5 Milliarden Euro für 2024, wie Vorstandsvorsitzender Holger Klein in einer Videokonferenz mitteilte. Im vergangenen Jahr hatte der Zulieferer am Bodensee die Erlöse noch um 6,5 Prozent auf mehr als 46,6 Milliarden Euro gesteigert. Der Zulieferer begründete die Kürzung der Prognose mit geringeren Bestellungen der Autohersteller sowie der derzeitigen Nachfrageschwäche nach rein elektrischen Fahrzeugen. Klein sagte, viele Autohersteller hätten ihre Elektromobilitätsprogramme drastisch gekürzt. Seit Anfang des Jahres um 35 Prozent und sogar bis zu 50 Prozent in den kommenden Jahren. „Das bleibt nicht ohne Folgen für uns als Zulieferer und unsere Strategie.“ Bei der bereinigten Ebit-Marge wird 2024 weiterhin mit einer Spanne zwischen 4,9 bis 5,4 Prozent gerechnet, allerdings bei der angepassten Umsatzprognose Finanzvorstand Michael Frick sagte: „Das nach wie vor herausfordernde Marktumfeld spiegelt sich in unserer Umsatzentwicklung wider.“ Im ersten Halbjahr sanken die Erlöse um 5,6 Prozent auf rund 22 Milliarden Euro. Der bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern ging auf 780 Millionen Euro zurück, im Vorjahr waren es noch 941 Millionen Euro. Die bereinigte Ebit-Marge lag nun bei 3,5 (Vorjahr: 4,0) Prozent. Strenges Sparprogramm Die Verschuldung sank um 977 Millionen Euro und lag Ende Juni bei 10,5 Milliarden Euro. Das Geld hatte sich das Stiftungsunternehmen vor allem für die Käufe des Autozulieferers TRW und des Bremsenspezialisten Wabco geliehen. Die Zinswende belastete den Konzern zusätzlich. Er bezahlt aktuell Hunderte Millionen Euro für den Schuldendienst. Der Abbau der Schulden ist unter anderem auch auf den Verkauf des 50-Prozent—Anteils des Achssystems-Montagegeschäft an Foxconn zurückzuführen, sowie einem Verkauf eines 7,5-Prozent-Anteils an einer indischen Gesellschaft. ZF hatte sich erst im Frühjahr ein strenges Sparprogramm auferlegt. In diesem und im kommenden Jahr sollen die Kosten weltweit um ungefähr 6 Milliarden Euro gesenkt werden, hieß es. Auch, um den Wandel hin zur Elektromobilität zu stemmen. Sorgenkind bleibt der Standort Deutschland. Zurzeit beschäftigt der Konzern 54.000 Menschen in seinem Heimatmarkt an mehr als 30 Orten. In welchem Umfang Reduzierungen an den Standorten vorgesehen sind, soll noch konkretisiert werden. „Die Diskussionen laufen“, sagte der ZF-Chef. Die bisherige Struktur sei an vielen Stellen ineffizient und biete oft wenig Flexibilität. „Gerade bei kleineren Standorten, die meist nur auf ein Hauptprodukt ausgerichtet sind.“ Das deutet auf Werksschließungen hin. Der Konzern hatte angekündigt, größere Produktionsverbünde schaffen zu wollen. Das Unternehmen müsse so ausgerichtet werden, dass man in Deutschland dauerhaft wettbewerbsfähig und solide aufgestellt sei, sagte Klein. „2024 wird ein Spitzenjahr in Bezug auf Investitionen sein“ Angaben zu den Kosten für den Personalabbau wurden keine gemacht. Dafür sei es noch zu früh. Die Reduzierung soll soweit möglich sozialverträglich geschehen, indem ZF die demografische Struktur der Belegschaft und die Fluktuation nutzt, hatte das Unternehmen vergangene Woche erklärt. Betriebsbedingte Kündigungen schließt der Konzern nicht aus. Abfindungsprogramme seien denkbar. Andere große Automobilzulieferer aus Deutschland wie Bosch und Continental hatten in den vergangenen Monaten ebenfalls Stellenstreichungen gemeldet, aber nicht in diesem Umfang wie bei ZF. Wie andere deutsche Zulieferer hat ZF viel Geld in die Entwicklung von E-Motoren, Software und Komponenten investiert. Der Wettbewerb hier ist aber sehr hart. Hinzu kommt, dass die Technologien aktuell kaum Geld abwerfen. Das führt zu Überkapazitäten in den mit hohen Investitionen eingerichteten Produktionslinien. Das Unternehmen ist eigenen Angaben mit Herstellern über Kompensationen zu diesem Thema im Gespräch. Die Eigenkapitalquote des Konzerns beträgt 21 Prozent. Die Abspaltung der Airbag-Sparte ZF Lifetech laufe nach Plan, erklärte ZF. „Derzeit laufen dafür die letzten formalen Maßnahmen“, sagte Frick. „Wir prüfen ergebnisoffen alle strategischen Optionen.“ ZF werde zum passenden Zeitpunkt handeln. Der Umsatz dieser Sparte sei im ersten Halbjahr abermals stärker gewachsen als die globale Auto-Produktion. Der Verkauf soll die Schuldenlast des Konzerns senken. Angekündigt hatte ZF den Schritt schon im Herbst 2022, ein Zeitpunkt für einen Verkauf oder Börsengang war zuletzt aber offen. Die Sparte fertigt vor allem Sicherheitsgurte und Airbags und machte 2023 ein Zehntel des Konzernumsatzes aus. ZF ist mit rund 169.000 Mitarbeitern an 162 Standorten in 31 Ländern einer der größten Automobilzulieferer der Welt. Der Konzern gehört mehrheitlich der Zeppelin-Stiftung der Stadt Friedrichshafen. Trotz der mauen Geschäfte hält der Konzern an seinen Investitionen fest. Finanzvorstand Frick bekräftigte, dass in den kommenden drei Jahren Investitionen von rund 18 Milliarden Euro geplant sind, beispielsweise in Forschung und Entwicklung. „2024 wird ein Spitzenjahr in Bezug auf Investitionen sein.“ Bis zu 30 Prozent könnten früheren Angaben zufolge in den folgenden Jahren nach Deutschland fließen.