Nach gescheiterten Reformen : Kolumbianischer Präsident ruft sein Kabinett zum Rücktritt auf

Dem ersten linken Präsidenten Kolumbiens – Gustavo Petro – droht nach nur neun Monaten im Amt eine Regierungskrise. Auslöser war ein Scheitern seiner Reformpläne im Kongress.
Nachdem mehrere Reformen am Widerstand des Kongresses gescheitert sind, hat Kolumbiens Präsident Gustavo Petro sein Kabinett geschlossen zum Rücktritt aufgefordert. Das teilten drei Minister, die anonym bleiben wollten, der Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch mit. Staatschef Petro machte diesen Schritt bislang nicht öffentlich, im Kurzbotschaftendienst Twitter hatte er am Dienstagabend allerdings von der Notwendigkeit geschrieben, „die Regierung zu überdenken“.
Eine Kabinettsumbildung wäre die größte politische Krise in der erst rund neunmonatigen Amtszeit von Kolumbiens erstem linken Präsidenten, der mit einer Mehrheitskoalition aus Mitte- und gemäßigten rechten Parteien regiert. Petro, der mit seinem Versprechen der „Veränderung“ gewählt worden war, gelang es bisher nicht, seine angekündigten Reformen etwa zu Arbeit, Renten, im Gesundheitswesen oder in der Justiz durchzusetzen.
Am Dienstag hatte sich die Lage zugespitzt, als sich die liberalen und konservativen Parteien sowie die Soziale Partei der Nationalen Einheit gegen die Regierung stellten und Teile der Reformen aus dem Bereich Agrar und Gesundheit ablehnten. Petro sprach sich für eine „Dringlichkeitsregierung“ für Kolumbien aus, da das Parlament nicht fähig gewesen sei, wenigstens ein paar einfache Gesetzesartikel zur gerechten Verteilung von Land zu verabschieden. Er fügte hinzu: „Dringlichkeit bedeutet, dass Regierungsteams Tag und Nacht arbeiten. (...) Wer dazu nicht fähig ist, der hat keinen Platz mehr in unserer Regierung.“
Ein Kabinett aller politischen Strömungen
Bislang bot keiner der Minister öffentlich seinen Rücktritt an. „Ein Wechsel im Kabinett sieht weder gut für die Vertreter der traditionellen Parteien aus, noch für die, die 'Nein' zu den Reformen gesagt haben“, schrieb der Direktor der Beratungsfirma Colombia Risk Analysis im Kurzbotschaftendienst Twitter.
Kritik an Petros Regierungspolitik kam von allen Seiten. Der Präsident des Kongresses, Roy Barreras, beschrieb den Vorgang als „beispiellose Krise“. Der frühere kolumbianische Präsident Juan Manuel Santos sagte, die Kabinettsumbildung würde „die Unsicherheit der Menschen“ verstärken.
Nach seinem Amtsantritt am 7. August waren Petro und seine linken Verbündeten ein politisches Risiko eingegangen, indem sie Minister der Mitte und aus dem rechten Flügel einsetzten.