Russische Geheimdienstaktion? :
Britische Minister erhalten Fake-Anrufe aus der Ukraine

Von Jochen Buchsteiner, London
Lesezeit: 2 Min.
Der britische Verteidigungsminister Ben Wallace am Donnerstag in Warschau
Ob London Kriegsschiffe ins Schwarze Meer schicken werde, fragt ein vermeintlicher ukrainischer Ministerpräsident den britischen Verteidigungsminister am Telefon. Nach einigen Minuten schöpft der Verdacht.
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Zwei britische Minister sind Opfer von Täuschungsversuchen geworden und haben mehrere Minuten lang mit dem vermeintlichen ukrainischen Ministerpräsidenten Denys Schmyhal über eine Video-Verbindung gesprochen. Verteidigungsminister Ben Wallace teilte auf Twitter mit, er sei schließlich misstrauisch geworden und habe den Anruf beendet. Innenministerin Priti Patel teilte daraufhin über den selben Kanal mit, auch ihr sei „das Anfang der Woche passiert”. Der „Daily Telegraph” berichtete, dass in der Regierung vermutet werde, der russische Geheimdienst sei für die Anrufe verantwortlich. Das Ziel könnte demnach gewesen sein, sensible Informationen zu erhalten oder die Anrufe für Propagandazwecke zu verwenden.

Wallace hatte sich zu einem Besuch in Polen aufgehalten, als er zu dem Gespräch über Microsoft Teams durchgestellt wurde. Der Termin sei „auf ordentlichem Weg angeleiert” worden, sagte Wallace – über eine Regierungsstelle und eine Email im Namen eines Beschäftigten der ukrainischen Botschaft. Wallace sagte weiter, sein Gesprächspartner, der vor einer ukrainischen Flagge posierte, habe ausgesehen und gesprochen wie der Ministerpräsident, den er allerdings noch nie persönlich getroffen habe. Erst „zunehmend lächerliche Fragen” nach sicherheitsrelevanten Aspekten hätten sein Misstrauen erregt. So habe der Mann wissen wollen, ob Großbritannien Kriegsschiffe ins Schwarze Meer entsenden würde, ob die Ukraine ihr Ziel einer NATO-Mitgliedschaft aufgeben sollte, und ob Kiew im Fall eines Sicherheitspakts Atomwaffen zugestanden werden sollten. Nach acht oder neun Minuten habe Wallace das Gespräch beendet.

Patel machte bislang keine Angaben über die Dauer und den Inhalt ihres Gesprächs. Wallace leitete eine interne Untersuchung ein. „Er hat ein paar ziemlich harte Fragen an die zuständige Abteilung gestellt, wie das passieren konnte”, sagte der Staatssekretär im Verteidigungsministerium, James Heappey. Dies hätte „nicht passieren dürfen”.

Unterdessen entzog die britische Rundfunkaufsichtsbehörde Ofcom dem russischen Fernsehsender RT die Sendelizenz mit sofortiger Wirkung. Premierminister Boris Johnson hatte zuvor auf eine schnelle Entscheidung gedrängt. Ein RT-Vertreter kritisierte am Freitag, dass im Königreich „alternative Stimmen unterdrückt” würden. Das Lizenzverbot betrifft nicht die Texte, die RT online verbreitet.

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