Lügen-Vorwürfe :
Die Wahlkämpfer liegen nur auf der Lauer

Jasper von Altenbockum
Ein Kommentar von Jasper von Altenbockum
Lesezeit: 2 Min.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am 20. Januar im F.A.Z.-Tower.
Scholz liegt zwar falsch, wenn er von „Lügen“ spricht. Aber man muss ihm zugestehen, dass er den Finger in die Wunde legt. Allerdings auch in die eigene.
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Die Parteien haben sich während der Ampelzeit offenbar schon so sehr verausgabt, dass sie kaum noch Energie und frische Munition haben für den Wahlkampf. Jedenfalls krachten die Gegensätze vor dem Bruch der Koalition lautstärker aufeinander als jetzt, in der „heißen“ Phase vor dem Wahltermin. Die Kanzlerkandidaten liegen erschöpft auf der Lauer.

Der Mann, der am wenigsten zu verlieren hat, Olaf Scholz, wagte sich nun aus der Deckung. Das deutsche Volk werde belogen („mit größter Intensität“), sagte er den Lesern der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, weil keiner seiner Mitbewerber sage, woher das viele Geld kommen solle, das sie ausgeben wollten.

Scholz will die Schuldenbremse aussetzen

Scholz ist in der Tat so ehrlich zu sagen, dass er abermals die Schuldenbremse aussetzen will, um unter anderem die drei Milliarden Militärhilfe an die Ukraine zu finanzieren, die noch zusammengekratzt werden müssen. Dabei wird es wohl nicht bleiben.

Dieser politisch, aber nicht unbedingt rechtlich opportunen „Notsituation“, die den Überschreitungsbeschluss des Bundestags erlauben würde, den Scholz haben will, werden weitere folgen. Denn die gigantische Nachfrage nach staatlichen Mitteln, die sich täglich äußert, könnten sonst nur Steuererhöhungen befriedigen – oder drastische Kürzungen im Haushalt.

Von Kürzen ist nicht mehr die Rede

Das war der Grund, warum die FDP von Scholz vor die Tür gesetzt wurde. Kürzen? Nicht mit der SPD, nicht mit den Grünen. Die Liberalen waren deshalb die Ersten, die jetzt ihrerseits Scholz vorwarfen, die „Unwahrheit“ zu sagen.

Aber weder das eine noch das andere stimmt. Weder „lügt“ Scholz, nur weil er es versäumt, seinen Wählern reinen Wein einzuschenken, dass ihr Land seit Jahren schon über seine Verhältnisse lebt. Noch „lügen“ FDP und CDU/CSU, nur weil sie nicht genau sagen, wie sie die lange Liste ihrer Entlastungen bezahlen können, ohne die Schuldenbremse anzutasten.

Sie sagen: durch kräftiges Wachstum. Das hört sich gut an, aber kaufen kann man sich davon erst einmal nichts. Scholz muss man also zugestehen, dass er den Finger in die Wunde legt. Allerdings auch in die eigene.

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