Nach Aschaffenburg : Merz wagt den Tabubruch
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Es ist nicht das erste Mal, dass die deutsche Politik damit gescheitert ist, von dem Thema abzulenken, das den Leuten auf den Nägeln brennt. Tragisch ist, dass es zu diesen Bruchlandungen immer wieder einer Mordtat wie der in Aschaffenburg bedarf.
Die Reihe dieser Katastrophen ist so lang, dass immerhin die Wahlprogramme davon Zeugnis ablegen und auch die Ampelkoalition gezwungen war, die Realitäten anzuerkennen. Zu spät. Was jetzt die Luft des Wahlkampfs erfüllt, ist nicht nur Trauer über die Opfer in Aschaffenburg, sondern auch die Wut der Politik über die eigene Ohnmacht – selbst der Kanzler deutete sie an.
Merz zitiert nur das CDU-Wahlprogramm
Anders als Olaf Scholz muss Friedrich Merz aber nicht auch noch wütend darüber sein, dass diese Ohnmacht selbst verschuldet ist. Was er jetzt fordert, ist kein Schnellschuss nach Aschaffenburg, sondern das CDU-Programm in der Ära nach Merkel, mit dem er Kanzler werden will. Der faktische Aufnahmestopp wird darin an die Aussetzung des Familiennachzugs gekoppelt.
Das ist die Voraussetzung dafür, Staat und Verwaltung wieder ins Lot zu bringen. Über Jahre wurde ihnen eine unmögliche Integrationsaufgabe aufgebürdet, von einer Politik, die glaubt, man könne Missstände einfach beheben, indem man neue Ämter, Ansprüche und Aufgaben schafft. Für jeden Gefährder einen Bewacher? Für jeden Traumatisierten einen Betreuer? Für jeden Verwirrten einen Begleiter? Wie soll das gehen? Mit dem Zauberstab?
Gescheitert ist eine Wende dieser Wunschpolitik daran, dass nie getestet werden konnte, ob es dafür eine Mehrheit gibt. Merz will es nun wissen. Das ist riskant, weil die AfD nur darauf wartet. Die CDU entkommt damit aber dem Dilemma, ihre Politik nach Merkel nicht durchsetzen zu können, weil sie dazu verdammt ist, nach alter Gewohnheit mit linken Parteien Kompromisse einzugehen. Merz wagt damit einen Tabubruch.
Ist das ein Vorgeschmack auf die Zeit nach dem 23. Februar? Darauf, wie sich Merz als Kanzler sieht? Mag sein, dass SPD, Grüne und Linke jetzt wieder ihr Lied mit dem Refrain anstimmen: „Geht nicht“. Sie haben damit den Aufstieg von AfD und BSW mit heraufbeschworen. Nicht bemerken wollen sie offenbar bis heute, dass es auch ihr Abstieg ist.