Zum Tod von Wolfgang Clement : Eigenständig und zuweilen unbequem
Wolfgang Clement hat Wirtschaftspolitik in den zurückliegenden Jahren stets größer gedacht als seine alte sozialdemokratische Partei. Weniger um Ideologie als um Arbeitsplätze sei es ihm gegangen, sagte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) am Sonntag über ihn und nannte den Vorgänger „einen großen Patrioten“.
Clement gehörte zu einer Generation energischer Sozialdemokraten, die in ihrem Leben zunächst in und mit ihrer Partei eine beachtliche Karriere gemacht hatten, sich dann aber immer mehr von ihr entfernten. So erging es sowohl den früheren Parteivorsitzenden Gerhard Schröder und Oskar Lafontaine als zuletzt auch Sigmar Gabriel. Wie auch Clement überwarfen sie sich mit ihrer Partei, nachdem sie ihr und auch dem Land als Ministerpräsidenten, Minister oder gar, wie im Falle Schröders, als Bundeskanzler gedient hatten.
Die Gründe dafür haben im Prinzipiellen gelegen, aber auch in individuellen Vorstellungen von Wirtschaft und Politik, die den Parteifunktionären unerträglich wurden. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, früher selbst aktiver Sozialdemokrat, sagte am Sonntag, Clement habe mit „eigenständigen und zuweilen unbequemen Standpunkten“ stets das Ziel angestrebt, Deutschland zukunftsfähig zu machen.
Clement, geboren 1940 in Bochum, hatte zunächst Jura studiert und dann als Journalist gearbeitet. In der Politik wurde er gefördert von Johannes Rau, der als Ministerpräsident und später als Bundespräsident selbst zu den prägenden Persönlichkeiten einer sozialdemokratischen Ära gehörte. Clement arbeitete zunächst in der Bonner SPD-Zentrale, dann in Düsseldorf in der Staatskanzlei von Nordrhein-Westfalen. Der Strukturwandel in der ehemaligen Stahl- und Kohleregion gehörte zu den großen Aufgaben Clements auch in seiner Zeit als Wirtschaftsminister des Landes. Als Rau dann ins Schloss Bellevue wechselte, wurde Clement 1998 dessen Nachfolger.
Doch schon bald darauf wechselte Clement nach Berlin und wurde dort 2002 Minister für Wirtschaft und Arbeit im zweiten Kabinett Schröder. Clement gehörte zu den Verteidigern der Hartz-IV-Reformen, die in der SPD inzwischen als das politische Desaster schlechthin für das eigene Ansehen gelten. In der folgenden großen Koalition von 2005 an war für Clement kein Platz mehr. Immer rascher entfernten sich seine Vorstellungen von Sozialer Marktwirtschaft von denen seiner Partei. Clement ging in die Wirtschaft, er war in diversen Aufsichtsräten tätig, und kritisierte die angeblichen „Irrwege“ seiner Partei.
Nach einem vergeblich gegen ihn geführten Ausschlussverfahren verließ er 2008 die SPD. Im gesellschaftlichen und politischen Leben des Landes hingegen blieb er präsent, engagiert und energisch bis ins hohe Alter, unter anderem als Vorsitzender des Kuratoriums der „Initiative Neue Marktwirtschaft“. Noch Anfang Juli hat er mit seiner Familie in der Nähe von Bonn seinen 80. Geburtstag gefeiert. Nun ist Wolfgang Clement gestorben.