Der Vielseitige : Grenzgänger zwischen Wissenschaft und Politik
Ein intellektueller Hansdampf in vielen Gassen – so lässt sich Ralf Dahrendorf kurz charakterisieren. Das Foto seiner Diskussion mit Rudi Dutschke am Rande des Bundesparteitages der FDP vor der Stadthalle in Freiburg am 29. Januar 1968 zählt zu den Bild-Ikonen der deutschen Nachkriegsgeschichte. Die Liste der Positionen, die das „Wunderkind der deutschen Soziologie“ bekleidete, scheint unendlich: Professor in Hamburg und Tübingen, Bildungsreformer in Baden-Württemberg und Hochschulgründer in Konstanz, Eintritt in die FDP, nach dem „Machtwechsel“ von 1969 unter Außenminister Walter Scheel Parlamentarischer Staatssekretär im Auswärtigen Amt, danach Kommissar der Europäischen Gemeinschaften in Brüssel, schließlich Direktor der London School of Economics und Warden des St. Antony’s College in Oxford, dazu seit 1993 Lord im britischen Oberhaus – zeitlebens ein engagierter Publizist, der immer bemüht war, seinen Ideen öffentliche Wirkung zu verschaffen.