Streit um Subventionen : Gezerre um Impfstoff-Fabrik von Astra-Zeneca
Der britische Pharmakonzern droht im Streit mit der Londoner Regierung über staatliche Zuschüsse offenbar mit der Verlegung einer geplanten Impfstofffabrik in die USA. Laut einem Medienbericht erwägt die Führung von Astra-Zeneca, den Standort Merseyside nahe Liverpool aufzugeben und stattdessen das Werk in Philadelphia zu bauen. In der neuen Fabrik sollen Impfstoffe entwickelt und produziert werden.
Die abgewählte Tory-Regierung hatte insgesamt 90 Millionen Pfund (rund 106 Millionen Euro) an Subventionen für den Bau sowie für Forschung und Entwicklung zugesagt. Doch die neue Labour-Regierung mit Finanzministerin Rachel Reeves plane, die Zuschüsse auf 40 Millionen Pfund zu kürzen.
Mehr Zuschüsse in USA
Wie die Zeitung „Financial Times“ berichtet, überlegt der Pharmakonzern nun, die Fabrik mit einem Investitionsvolumen von 450 Millionen Pfund nicht mehr in Großbritannien zu errichten. Für ein Werk in Philadelphia würden ihnen mehr Zuschüsse von der amerikanischen Regierung angeboten, heißt es aus dem Konzern. Auch Indien ist als möglicher Produktionsstandort im Gespräch. Dort hat Astra-Zeneca während der Corona-Krise mit Partnern Impfstoff hergestellt.
Die mögliche Verlagerung der neuen Impfstofffabrik ruft in Großbritannien heftige Reaktionen hervor. Der technologiepolitische Sprecher der Konservativen, Andrew Griffith, der in der früheren Regierung als Minister mit der Sache befasst war, kritisierte Labours Kurs. Astra-Zeneca sei das wertvollste börsennotierte Unternehmen des Landes und stehe für einen der wichtigsten Industriesektoren. Es sei „essenziell, dass das Vereinigte Königreich im Zentrum der Forschungsaktivitäten bleibt, die Astra-Zeneca durchführt“, sagte Griffith. Auf Nachfrage teilte ein Sprecher der Labour-Regierung am Freitag mit, die Regierung sei in „positiven Diskussionen“ mit dem Unternehmen.
Der Pharmakonzern mit Hauptsitz in Cambridge gilt als britisches Vorzeigeunternehmen. Vor Kurzem übersprang seine Börsenbewertung erstmals die Marke von 200 Milliarden Pfund (umgerechnet fast 240 Milliarden Euro). Astra-Zeneca ist vor allem mit Arzneimitteln gegen Krebserkrankungen erfolgreich und hat in den USA ein Biotech-Unternehmen gekauft, das Medikamente gegen seltene Krankheiten entwickelt. In der Corona-Krise produzierte Astra-Zeneca ab 2020 erstmals auch Impfstoff.
In Kontinentaleuropa fiel dieser an der Universität Oxford entwickelte Corona-Impfstoff aber wegen Nebenwirkungen wie seltenen Blutgerinnseln 2021 in Ungnade und wurde kaum noch eingesetzt. In Großbritannien sowie in Schwellenländern wie Indien kam er aber milliardenfach zum Einsatz.
Astra-Zeneca betont, sein Impfstoff habe Millionen Leben gerettet. In Großbritannien liegt aber am High Court auch eine Sammelklage von Geschädigten wegen mutmaßlicher schwerer Impf-Schäden vor. Astra-Zeneca hat im Mai die Zulassung für diesen Impfstoff in Europa und anderen Ländern zurückgezogen und begründete dies mit mangelnder Nachfrage.