Streit über Währungsgewinne : Schweizer Händler Coop kappt das EU-Sortiment

Die Verbraucher in der Schweiz haben bislang kaum etwas von der Stärke ihrer Währung. Für Importwaren sind die Preise kaum gesunken, weil Zwischenhändler die Gewinne angeblich nicht weitergeben. Die Einzelhandelskette Coop greift jetzt zu drastischen Mitteln und nimmt Produkte von L'Oréal, Mars und Ferrero aus den Regalen.
Von der Frankenstärke haben die Verbraucher in der Schweiz nicht viel. Die Preise für Importware sind kaum gesunken. Aufwertungsgewinne würden im internationalen Vergleich "eher unterdurchschnittlich" weitergegeben, stellte Anfang Juli das Wirtschaftsministerium in Bern fest. Jetzt greifen Handelsunternehmen zu drastischen Mitteln. Im Kampf gegen "Wechselkursprofiteure" unter den großen Herstellern und Importeuren hat der Einzelhandelsriese Coop 95 Produkte, darunter von L'Oréal (Studio Line), Mars (Uncle Ben's Reis) und Ferrero (Kinderschokolade), aus den Regalen genommen.
Marktführer Migros erwägt nach eigenen Angaben ein ähnliches Vorgehen. In der Möbelbranche will der im Raum Zürich starke Anbieter Schubiger vom 23. August an dieselben Preise wie in Deutschland verlangen. Der Wechselkurs zwischen Euro und Franken wird in den Geschäften angeschrieben und täglich aktualisiert, verspricht Mitinhaber Urs Schubiger.
Traditionell ist die Schweiz ein Hochpreisland. Dessen ungeachtet kalkulieren Anbieter vielfach noch mit 1,30 Franken zum Euro und mehr - verglichen mit derzeit 1,13 Franken. Die trotz Frankenstärke hohen Preise haben den Einkaufstourismus in die benachbarten EU-Länder beflügelt. Vor allem an den Wochenenden stürmen kaufwütige Schweizer die grenznahen Orte. Dem wollen Anbieter wie Coop und Schubiger nun Einhalt gebieten. Autohersteller werben schon seit einiger Zeit mit "Euro-Rabatten".
Volkswirtschaftlich gesehen kann die Industrie durch niedrigere Verbraucherpreise auf maßvolle Lohnforderungen der Arbeitnehmer hoffen, welche die währungsbedingten Schwierigkeiten im Export lindern würden. Auch der vom hohen Franken geplagte Tourismus erwartet eine Entlastung durch sinkende Lebensmittelpreise. Entsprechend ermunterte Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann bei einem "runden Tisch" vergangene Woche die anwesenden Wirtschaftsvertreter, sich bei den Einfuhrpreisen nicht alles bieten zu lassen. Die Regierung selbst wird sich am Mittwoch mit der Preisfrage befassen.
Coop verlangte Abschläge zwischen 10 und 20 Prozent. Die 20 Prozent entsprechen knapp dem Franken-Währungsgewinn in einem Jahr. Das Unternehmen schließt nach eigenen Angaben nicht aus, weitere Artikel aus den Regalen zu nehmen und für Ersatzprodukte zu werben. Allerdings wollten die Konsumenten vielfach nicht auf bekannte Originalmarken verzichten, hieß es auf Anfrage. Unter tätiger Mithilfe der deutschen Anbieter Aldi und Lidl tobt in der Schweiz seit einiger Zeit ein Preiskampf im Lebensmittelhandel. Dessen ungeachtet sind Nahrungsmittel die teuerste Preisgruppe, wofür auch der staatliche Agrarprotektionismus verantwortlich ist.