Kolumne Weltblick : Die Seidenstraße der EU ist bislang eine Gasse

China hat seinen internationalen Einfluss mit seiner „Neuen Seidenstraße“ massiv ausgebaut. Die EU versucht mit dem „Global Gateway“ gegenzuhalten. Das Programm ist jedoch zu kleinteilig, schreibt unser Kolumnist.
Perus Präsidentin Dina Boluarte strahlt mit Chinas Staatschef Xi Jinping am 14. November 2024 in die Kameras und spricht von einem „historischen Moment“ für ihr Land. Soeben hat sie mit ihrem Amtskollegen den neuen Tiefwasserhafen Chancay nördlich der Hauptstadt Lima eröffnet. Ein Megaprojekt. 3,5 Milliarden Dollar investierte Peking, in der ersten Stufe soll der Hafen pro Jahr eine Million Container abfertigen. Am bemerkenswertesten ist aber, dass Chinas Staatskonzern Cosco den Tiefseehafen exklusiv nutzen und zum zentralen Knoten für den Seehandel der Großmacht mit Südamerika ausbauen soll.
Der Chancay-Hafen ist das neueste Aushängeschild von Chinas enorm erfolgreicher „Neue Seidenstraße“-Initiative. Seit 2013 hat die Großmacht Häfen, Straßen, Pipelines, Staudämme und Kraftwerke in inzwischen mehr als 60 Ländern in Asien, Afrika, Lateinamerika und auch in Europa finanziert und gebaut. Mit der auf Englisch „Belt and Road“ betitelten Offensive wirken die Strategen in Peking stilbildend. Neue Straßen, Pipelines und Kraftwerke schaffen Abhängigkeiten und sind längst Teil umfassender Machtpolitik.
Um gegenzuhalten, startete die Europäische Union Ende 2021 mehr als acht Jahre später eine eigene Initiative, genannt „Global Gateway“. Bis 2027 will die Union damit bis zu 300 Milliarden Euro für Investitionen in der ganzen Welt aufbieten (zum Vergleich: Der deutsche Bundeshaushalt 2023 umfasste 476,3 Milliarden Euro). Ein richtiger Schritt. Aber das Ganze wirkt noch zu klein und kompliziert. Es bleibt zweifelhaft, wie viel frisches Geld wirklich in neue Projekte fließt oder ob nicht häufig ein neuer Aufkleber auf existierende Fonds geheftet wird.
Die Global-Gateway-Initiativen sollen umweltbewusst und partizipativ sein und ohne Verschuldung der Partnerländer auskommen. Als „Leuchtturmprojekte“ nennt die Bundesregierung den „Ausbau des Hafens von Maio und Mindelo in Cabo Verde, die Unterstützung der Impfstoffherstellung in fünf afrikanischen Ländern oder ein Projekt zur Erzeugung von grünem Wasserstoff in Chile“. Sicher wichtige Projekte. Aber im Augenblick wirkt der internationale Wettstreit um Straßen, Gunst und Einfluss wie das Rennen zwischen Hase und Igel: China ist schon da. Europas Tor zur Welt muss noch wachsen, damit die EU vom „Payer zum Player“, vom Zahlmeister zum Akteur, wird, wie es in Brüssel oft heißt.