Jetzt aber schnell! :
Sechs Ausstellungen, die in dieser Woche enden

Lesezeit: 4 Min.
Pioniertat eines Einzelgängers und Geburt einer Bewegung: Claude Monets „Saint Germain l’Auxerrois“ von 1867
Monet in Berlin, Rembrandt in Leipzig oder Matisse bei Basel: Diese sechs Ausstellungen können Sie nur noch bis zum 26. Januar besuchen.
Merken
Zur App

Eine Kulisse für das Schauspiel des Lichts

„Monet und die impressionistische Stadt“ in der Alten Nationalgalerie Berlin

Im Sommer 1867 malte Claude Monet drei Stadtansichten von Paris. Es war das Jahr der Weltausstellung und die Geburt des Impressionismus. Das zeigt die Alte Nationalgalerie Berlin in einer großartigen Ausstellung.

Unser Kritiker Andreas Kilb stellt fest: Auch in seiner Abschiedsausstellung gelinge Ralph Gleis, der die Alte Nationalgalerie seit 2017 geleitet hat und gerade als Direktor an die Wiener Albertina gewechselt ist, „das Kunststück, Hauptwerke der eigenen Sammlung so mit Leihgaben zu kombinieren, dass das Altbekannte in ungewohntem und augenöffnendem Licht erscheint. (...) Rings um die drei Bilder, die Monet 1867 von der Louvre-Kolonnade aus malte, sind Stadtansichten anderer Impressionisten gruppiert, darunter als älteste ein 1872 entstandenes Panorama des Quai Malaquais mit dem Institut de France von Renoir und als jüngste ein Blick vom Quai Saint-Michel auf Notre-Dame des Spätimpressionisten Maximilien Luce von 1904 neben einer gleichzeitigen, schon fauvistisch angehauchten Variation desselben Motivs von Matisse.“

Sittsam, brav und dazu noch wunderschön, aber verwegen dreidimensional: Jan Victors, Mädchen am Fenster, 1640
Sittsam, brav und dazu noch wunderschön, aber verwegen dreidimensional: Jan Victors, Mädchen am Fenster, 1640Musée du Louvre

Der pädagogische Eros des Herrn van Rijn

„Impuls Rembrandt. Lehrer, Stratege, Bestseller“ im Museum der Bildenden Künste Leipzig

Warum so viele Rembrandts nicht von ihm sind, ist in Leipzig zu studieren: Das Museum der Bildenden Künste zeigt, wie der Maler als Lehrer eine ganze Generation von Künstlern prägte.

Die Ausstellung mache insgesamt eines deutlich, stellt unser Kunstkritiker Stefan Trinks fest: „So lang auch der gemeinsame Weg mit vielen Mitarbeitern in der Werkstatt war – bei seinen besten Schülern gelang es Rembrandt, aus ihren 'krassen Köpfen' ihr Eigens­tes herauszuholen.“

Halb Leopard, halb Fisch: Türbeschlag aus Ladenburg
Halb Leopard, halb Fisch: Türbeschlag aus LadenburgArchäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg

Keine Scheu vor kultureller Aneignung

„The hidden Länd – Wir im ersten Jahrtausend“ im Kunstgebäude Stuttgart

Schlaglichter auf das Erste Jahrtausend: In Stuttgart zeigt eine Ausstellung spektakuläre archäologische Funde.

Das inhaltliche Konzept leuchtet ein, stellt unser Ausstellungskritiker Tilman Spreckelsen fest: „Unter Begriffen wie 'Integration' für die beiden Jahrhunderte unmittelbar nach Christi Geburt, 'Migration', 'Kommunikation' oder schlicht 'Macht' am Ende des Zeitraums werden insgesamt fünf Fundorte präsentiert und von einem Kranz passender Exponate aus anderen Quellen begleitet. So werden im ersten Ausstellungsteil rund um eine Installation, die an ein Feuer erinnern soll, Funde von einem Beerdigungsplatz aus dem Ortenaukreis gezeigt, darunter germanische Waffen, aber auch römisches Geschirr als Zeichen einer Adaption der Kultur des Imperiums.“

Apartes Gießgefäß: Bronzenes Sirenen-Aquamanile wohl aus Hildesheim, um 1230
Apartes Gießgefäß: Bronzenes Sirenen-Aquamanile wohl aus Hildesheim, um 1230Arne Psille

Ben Hur im Kloster und Heilige im Gewürzständer

„Corvey und das Erbe der Antike“ im Diözesanmuseum Paderborn

Paderborner Lehrstunde: Eine hinreißende Ausstellung über das Kloster Corvey zeigt, warum nimmermehr von einem finster antikenfeindlichen Mittelalter gesprochen

„Klöster wie Corvey waren Mikrokosmen antiken Wissens und erforschten auch den echten Kosmos“, schreibt unser Kunstkritiker Stefan Trinks: „So wundert es nicht, dass in vielen auch Hyginus’ 'Astrologiae' (wie etwa in St. Blasien) oder die 'Arateia' vorhanden waren und intensive Sternenstudien betrieben wurden. Manche Abteien übertrieben den Blick in den Himmel derart, dass sie als Sternwarten mit angeschlossenem Betbetrieb kritisiert wurden. Doch belegt die Schau eines überdeutlich: Um die achtzig Prozent unseres Wissens über die Antike hätten wir nicht ohne Corvey und Co.“

Besuche in Algerien und Marokko brachten orientalistische Elemente in seine Kunst: Henri Matisse, „Figure décorative sur fond ornemental“, 1925/26
Besuche in Algerien und Marokko brachten orientalistische Elemente in seine Kunst: Henri Matisse, „Figure décorative sur fond ornemental“, 1925/26Philippe Migeat/VG Bild-Kunst, Bonn 2024

Unterwegs zur Lebensfreude

„Matisse. Einladung zur Reise“ in der Fondation Beyeler bei Basel

Diese Ausstellung wirkt wie ein Kurzurlaub: Die Fondation Beyeler widmet Henri Matisse eine große Retrospektive und folgt ihm von Tahiti bis nach Russland an die Orte seiner Inspiration.

Einen „Maler des Lichts“ nennt unsere Kunstkritikerin Ursula Scheer Henri Matisse, „sein Lebensthema das Gegen- und Miteinander von Innen- und Außenraum, Figur, Gegenstand und Fläche. Für den letzten Aufbruch musste Matisse sich nicht mehr auf den Weg machen: Kaum ein Spätwerk strahlt mehr Optimismus aus als die leuchtenden Scherenschnitte des schließlich im Rollstuhl oder Bett arbeitenden Künstlers. Schauen und Reisen an einem glücklichen Ort sind nun eins. Das macht diese Matisse-Retrospektive in schwierigen Zeiten wie den unsrigen vielleicht besonders attraktiv.“

Van Gogh wie ihn keiner kennt: Sein „Kopf eines Skeletts mit brennender Zigarette“ von 1886 ist ein aktualisierter Totentanz
Van Gogh wie ihn keiner kennt: Sein „Kopf eines Skeletts mit brennender Zigarette“ von 1886 ist ein aktualisierter TotentanzVincent van Gogh Foundation

Madonnen im Stacheldraht

„Gothic Modern. From Darkness to Light, 1875–1925“ im Ateneum Helsinki

Finnlands Nationalgalerie präsentiert die wohl gewagteste Ausstellung des Jahres. Dort wird behauptet, die moderne Kunst entstamme der Gotik. Das verblüfft – und überzeugt.

Unser Kunstkritiker Stefan Trinks nennt „Gothic Modern“ die wohl gewagteste Ausstellung des vergangenen Jahres. Die hier gezeigten unsichtbaren Wurzeln der Moderne lohnen den Weg nach Helsinki, erst recht die dem deutschen Publikum größtenteils unbekannten Bilder der Moderne Nord. Doch wer es so schnell nicht mehr nach Finnland schafft, braucht sich nicht zu grämen: In Norwegens Nationalmuseum wird die Ausstellung vom Ende Februar bis Mitte Juni zu sehen sein, in der Wiener Albertina eröffnet sie Mitte September.

  翻译: