NS-Raubkunst :
Offener Brief gegen Claudia Roths Pläne zur Restitution

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Im Düsseldorfer Museum Kunstpalast kann man Franz Marcs Gemälde „Die Füchse“ nicht mehr betrachten. Das Bild wurde auf Empfehlung der Beratenden Kommission an die Erben von Kurt Grawi zurückgegeben, die es 2022 in London versteigern ließen und dabei einen Verkaufspreis von 43 Millionen Pfund erzielten. War nordrhein-westfälische Enttäuschung über diesen Fall ein Grund für das Interesse der Bundesländer am Wechsel zu einer Schiedsgerichtsbarkeit?
Fachleute für NS-Raubkunst wenden sich in einem offenen Brief an Olaf Scholz. Sie fordern die Bundesregierung auf, darauf zu verzichten, in den letzten Tagen vor der Wahl die Beratende Kommision durch Schiedsgerichte zu ersetzen.
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Das letzte kulturpolitische Großprojekt, das die gescheiterte Ampelkoalition vor den Neuwahlen noch beschließen könnte, soll nach dem Willen der Unterzeichner eines offenen Briefs an Bundeskanzler Olaf Scholz ad acta gelegt werden. Es geht um die Reform des Verfahrens zur Restitution von NS-Raubgut, auf das sich Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) mit den Kultusministern der Länder und kommunalen Spitzenverbänden geeinigt hat. Am Mittwochvormittag hat das Kabinett den Reformplänen zugestimmt, die Beratung im Bundestag steht noch aus.

Seit zwanzig Jahren ist die Beratende Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts für Restitutions-Streitfälle zuständig. Ganze 24 Fälle konnte die Schlichtungsstelle bearbeiten, auch weil sie jeweils von beiden Parteien angerufen werden muss, um prüfend tätig werden zu können - den mutmaßlich Geschädigten beziehungsweise deren Rechtsnachfolgern und der öffentlichen Sammlung, in der sich das Kunstwerk befindet. Sieht ein Museum, wie die Pinakothek der Moderne in München mit Blick auf Pablo Picassos „Madame Soler“, von der Anrufung ab, kann die Kommission keine Empfehlung aussprechen.

Noch schlechter als das alte Modell?

Claudia Roth, die zu Beginn ihrer Amtszeit die Beratende Kommission noch hatte stärken wollen, optierte final für deren Abschaffung und Ersetzung durch ein Schiedsgericht, das einseitig angerufen werden können und verbindlich urteilen soll. Dieses Vorhaben „auf den letzten Metern der Legislaturperiode“ in die Tat umzusetzen zu wollen, kritisieren mit Restitutionsverfahren befasste Juristen, Historiker und Nachfahren von Geschädigten als Unterzeichner des offenen Briefs als „unredlich“.

Initiatoren des Schreibens sind der Rechtsanwalt Olaf S. Ossmann und der Provenienzforscher Willi Korte. Das neue Verfahren sei eine Verschlechterung gegenüber dem alten, kritisieren sie. So sei unklar, wie kommunale Einrichtungen sich zum Schiedsverfahren stellten, seien die Rahmenbedingungen der zivilrechtlichen Einrichtung nicht öffentlich diskutiert worden und eine Anhörung im Kulturausschuss des Bundestags gescheitert.

Vertreter ganzer Opfergruppen wie verfolgter jüdischer Kunsthändler müssten mit schlechteren Restitutionsaussichten rechnen. Die Unterzeichner fordern eine Aussetzung der Reform und einen Austausch zwischen Politik und Betroffenen in der nächsten Legislaturperiode. Vorerst solle der Beratenden Kommission ihre Weiterarbeit ermöglicht werden.

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