TV-Kritik Maischberger :
Meinungen, die von Meinungen handeln

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Gut, dass wir nicht darüber gesprochen haben: Maischberger belässt es im Gespräch mit Söder bei Oberflächlichkeiten.
Die Moderatorin verweigert die entscheidenden Fragen zur Migrationspolitik: Markus Söder kann sich bei Sandra Maischberger auf Allgemeinplätze beschränken, weil ihr noch mehr als ihm vor allem an Unterhaltsamkeit gelegen ist.
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Es ist Wahlkampf, und Markus Söder (CSU) tritt im Fernsehen auf. Es geht um die Asylpolitik. Womit dürfen wir rechnen? Eigentlich mit allem. Markus Söder sagt am Dienstag häufig etwas anders als am Montag, im Januar etwas, was ihm im November noch nicht eingefallen wäre. Mal ist er für eine Sache, kurz danach gegen sie. Zwischendurch sendet er Selfies mit Bratwürsten.

Markus Söder zu kommentieren kommt meistens einer Übung in rhetorischer Analyse gleich. Denn Markus Söder hat sich dafür entschieden, ein unterhaltsamer Politiker zu sein. Jetzt war Markus Söder in der Talkshow von Sandra Maischberger. Dort wurde er in der Sache nicht befragt. Große rhetorische Anstrengungen wurden ihm nicht abverlangt. Es hörte sich an wie ein Gespräch am Tresen, Smalltalk eben. Die Moderatorin behandelte die Probleme, die diskutiert werden müssen, als Ansichtssachen, zu denen manche die eine Meinung haben, andere die entgegengesetzte. Tatbestände und Rechtsfragen spielten in ihren Fragen an Söder keine Rolle.

Dabei dreht sich alles um Rechtsfragen und Tatbestände. Ist der Aufenthalt einer Person illegal oder war ihre Einwanderung illegal, stellen sich viele Bürger die Frage, was das denn heißt, „illegal“? Bei anderen illegalen Handlungen ist sie nicht schwierig zu beantworten. Illegalität heißt Sanktion. Jemand bricht in eine Wohnung ein, das ist Unrecht, die Person erwartet ein Urteil. Ähnlich beim Hausfriedensbruch, Paragraf 123 Strafgesetzbuch: Wer in abgeschlossene Räume widerrechtlich eindringt oder ohne Befugnis darin verweilt, wird bestraft.

Sanktionen dienen dazu, alle, die sich nicht illegal verhalten, darin zu bestätigen, dass sie sich so verhalten, wie es erwartet wird. Bei illegaler Anwesenheit auf dem Staatsgebiet kommen auf den ersten Blick zwei Sanktionen infrage: Abschiebung oder Haft. Im Asylrecht haben wir derzeit aber die Lage, dass vielfach keine Sanktionen erfolgen. Die Asylanträge der Täter von Solingen und Aschaffenburg sind abgelehnt worden. Das heißt: Sie waren in ihren Ländern entweder nicht verfolgt oder sie hatten sich, lange bevor sie die deutsche Grenze übertraten, in einem Land befunden, in dem sie keine Verfolgung zu befürchten hatten. Rückführungen aber erfolgten oft so wenig wie Haft.

Die Erklärung verweist auf Komplikationen der verwaltungsmäßigen Durchsetzung dessen, was Recht ist. Wir hatten nicht genug Polizisten, der Delinquent wurde nicht angetroffen, die Fristen waren zu knapp, ein Flugzeug hatten wir auch nicht, solche „Erklärungen“.

Konkrete Fragen nicht gestellt

Kann man das ändern? Was wären denn handlungsfähige Verwaltungen, was wäre ein Recht, das sie nicht lähmt? Konkrete Fragen wurden Markus Söder nicht gestellt. Stattdessen war schon die erste Frage „Welcher Superheld wären Sie gern?“ lächerlich. Kurz darauf wurde sie mit der Bemerkung zurückgezogen, sie sei der Ernsthaftigkeit der Situation nicht angemessen. Weshalb aber wurde sie dann gestellt? Weshalb sollte der bayerische Ministerpräsident Sätze ergänzen, die vom 1. FC Nürnberg handeln oder vom „dry january“? War das der Situation angemessen?

Die politischen Fragen bewegten sich auf ähnlich beliebiger Ebene. Sie hätten beispielsweise lauten können: Wie groß müsste ein effektiv arbeitendes Bundesamt für Migration denn sein? Wer verhindert, dass es eine ausreichende Größe hat? Sie wurden nicht gestellt.

Man kann Markus Söder folgen, wenn er sagt, es sei keine sinnvolle Antwort auf die Herausforderungen, man könne nichts machen. Das legte die Anschlussfrage nahe, wie das viel beschworene EU-Recht denn geändert werden könne. Sie wurde nicht gestellt, wahrscheinlich zu wenig unterhaltsam.

Der österreichische Innenminister wurde mit dem Satz zitiert, Österreich werde keine Personen entgegennehmen, die aus Deutschland zurückgewiesen würden. Aber Deutschland soll sie seinerseits entgegennehmen, wenn sie aus Österreich kommen, und das soll rechtens sein? Auch hier wurde Aufklärung verpasst, die Frage einfach übergangen. Das Recht habe Schwächen, war Söders Antwort, welche es hat und wie sie zu beheben wären, blieb unerörtert.

So verlief der Abend in unerheblichen Meinungsbekundungen, spielte ein Zitat nach dem anderen ein, das wiederum nur über Meinungen informierte, brachte die Zuschauer in der Sache aber um keinen Zentimeter voran. Folgerichtig endete die Sendung in einem Gespräch mit einem verdienten Schlagersänger.

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