Merz’ Migrationsplan : Österreichs Bundeskanzler lehnt Zurückweisungen ab
Der österreichische Bundeskanzler Alexander Schallenberg hat den Plan des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz abgelehnt, Asylbewerber an den deutschen Grenzen ohne Prüfung ihres Schutzanspruchs zurückzuweisen. Der ÖVP-Politiker begrüßte zwar, dass es in Fragen von Asyl und Migration ein „Umdenken“ in Deutschland gebe und „mehr Realismus herrscht“. „Wir müssen natürlich aber trotzdem die Regeln des Schengenraums einhalten“, sagte Schallenberg, der in Personalunion auch Außenminister ist, vor Beratungen der EU-Außenminister am Montag in Brüssel. Man brauche vielmehr gemeinsame Lösungen. Wenn jeder nun einzeln handle, „dann sind wir alle ärmer und keiner ist sicherer“, sagte er. Auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock grenzte sich scharf von Merz ab.
Auf die Frage, ob Österreich Personen zurücknehmen würde, die von Deutschland zurückgewiesen werden, verwies Schallenberg auf das bestehende europäische Sekundärrecht. „Die Dublin-Regeln gelten natürlich“, sagte er. Diese Regeln sehen vor, dass jede Person, die in einem EU-Land aufgegriffen wird, dort Asyl beantragen kann. Das betreffende Land muss dann prüfen, wo die Person zuerst in die EU eingereist ist. Innerhalb von bestehenden Fristen, im Regelfall sechs Monate, kann das Land dann vom Ersteinreisestaat die Rückübernahme verlangen. Schallenberg sagte, dass Österreich alle Regeln eingehalten habe, obwohl es seit 2015 der Mitgliedstaat mit der zweihöchsten Zahl von Asylanträgen sei.
Kickl stellte sich schon als Minister gegen Seehofers Forderungen
Baerbock hielt Merz in Brüssel vor, Europarecht zu brechen und Europa so zu beschädigen. „Wenn wir damit anfangen, dann geht es auch kaputt“, sagte die Grünen-Politikerin am Rande des Außenminister-Rats. „Das ist nicht nur europarechtfeindlich, das ist nicht nur europafeindlich, sondern das ist in der Realität gar nicht umsetzbar.“ Damit schaffe man nicht mehr, sondern weniger Sicherheit. Baerbock entschuldigte sich ausdrücklich für die Verunsicherung, die Merz‘ Äußerungen bei Partnern erzeugt hätten.
Schallenbergs Stellungnahme liegt auf einer Linie mit früheren Äußerungen von Vertretern der österreichischen Bundesregierung. Schon als der CDU-Vorsitzende Anfang September pauschale Zurückweisungen gefordert hatte, sagte Innenminister Gerhard Karner der F.A.Z.: „Österreich wird keine Personen entgegennehmen, die aus Deutschland zurückgewiesen werden. Da gibt es keinen Spielraum!“ Der Politiker der christdemokratischen ÖVP verwies auf das geltende EU-Recht. Er habe daher den Chef der österreichischen Bundespolizei angewiesen, „keine Übernahmen durchzuführen“. Personen, die einen Asylantrag stellen, dürften nicht formlos an der Grenze zurückgewiesen werden.
Auch der FPÖ-Vorsitzende Herbert Kickl, der mit der ÖVP über eine neue Bundesregierung in Wien unter seiner Führung verhandelt, hatte sich schon 2018 gleichlautend eingelassen. Kickl, seinerzeit selbst Innenminister, wies die Forderung des deutschen Innministers Horst Seehofer von der CSU zurück, Schutzsuchende an der deutsch-österreichischen Grenze abzuweisen.
„Wenn Deutschland glaubt, dass man entgegen internationalem Recht dann einfach Personen nach Österreich zurückbringen kann, dann werden wir den Deutschen erklären, dass wir ihnen diese Personen nicht abnehmen“, sagte Kickl im Juni 2018. Wenn Seehofer versuche, die Dublin-Prüfung auszulassen, „dann werden wir ihm sagen: Wenn sie schon in Deutschland sind, dann werden sie in Deutschland bleiben. Denn für uns gibt es keinen Grund, diese Personen zurückzunehmen.“