Razzia in Düsseldorf : Erst eine Kostenexplosion, dann Korruptionsvorwürfe
Wegen Korruptionsverdachts bei der Sanierung der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei haben Ermittler des Landeskriminalamts (LKA) und der Staatsanwaltschaft Wuppertal am Dienstagmorgen mehr als 57 Räumlichkeiten durchsucht, darunter Büros von Baufirmen, des landeseigenen Bau- und Liegenschaftsbetriebs (BLB) und eines Architekturbüros.
Wie ein LKA-Sprecher auf F.A.Z.-Anfrage mitteilte, soll es bei der vom BLB gesteuerten Vergabe von Aufträgen zur Sanierung der Staatskanzlei am Rheinufer in Düsseldorf durch überteuerte Rechnungen zu einem Schaden in Millionenhöhe gekommen sein. Bisher gehe es um die Vergabe der Arbeiten zur Erneuerung der Beleuchtung. Unregelmäßigkeiten bei anderen Gewerken seien bislang nicht bekannt.
Doch dienten die Durchsuchungen mit rund 200 Ermittlern dazu, sich einen umfassenden Überblick zu verschaffen. Aktuell richteten sich die Ermittlungen wegen Bestechung und Bestechlichkeit, der wettbewerbsbeschränkenden Absprachen bei Ausschreibungen, der Untreue sowie des Betruges gegen sieben Personen. Die Unregelmäßigkeiten waren durch die Anzeige eines Zeugen und eine Überprüfung der BLB-Innenrevision aufgefallen. Gegen Mitarbeiter der Staatskanzlei besteht kein Verdacht.
SPD spricht von Luxussanierung
Das sogenannte Landeshaus ist der Regierungssitz des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst. Die Sanierung des mehr als 100 Jahre alten Gebäudes begann 2017 noch unter dessen Vorgänger Armin Laschet (beide CDU). Ursprünglich waren dafür rund 34 Millionen Euro veranschlagt worden. Doch im Sommer 2023 rechnete die schwarz-grüne Landesregierung bereits mit 42 Millionen, im vergangenen Jahr dann mit 55 Millionen Euro.
Die Verteuerung wurde mit Lieferengpässen und höheren Baukosten durch Corona-Pandemie, Flutkatastrophe 2021 und Ukrainekrieg begründet. Ein Kostentreiber sei auch das Alter des Landeshauses, im Zuge der Sanierungsarbeiten träten immer wieder Überraschungen zutage. Auch sei der Umbau unter energetischen Aspekten ausgeweitet worden.
Die oppositionelle SPD kritisiert den Umbau der Staatskanzlei seit Langem scharf. Bei der „Luxussanierung“ handle es sich um ein „Fass ohne Boden“, sagte die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Elisabeth Müller-Witt am Dienstag. „Nach der Kostenexplosion jetzt Korruptionsvorwürfe.“ Bis heute habe die Staatskanzlei keine vollständige Kostentransparenz hergestellt. Die Razzien ließen nun vermuten, dass man bisher nur die Spitze des Eisbergs gesehen habe.
Beim Landesbaubetrieb BLB war es vor mehr als zehn Jahren schon ein einmal zu einem großen Korruptionsskandal gekommen. Damals ging es unter anderem um den Kauf des Grundstücks für den Fachhochschul-Neubau in Düsseldorf und den Verkauf des ehemaligen Landesbehördenhauses Bonn. Anfang 2017 wurde der langjährige BLB-Geschäftsführer Ferdinand T. wegen Bestechlichkeit und Untreue zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt, weil er mit Komplizen ein ausgeklügeltes Geschäftsmodell zum Nachteil der öffentlichen Hand betrieben hatte. T. hatte die Preise von BLB-Projekte „systematisch mittels Strohleuten“ durch Absprachen und Zwischenkäufe in die Höhe getrieben und sich an den Aufschlägen auch persönlich bereichert, wie das Landgericht Düsseldorf damals feststellte.
Mit der Gründung des BLB Anfang 2001 war das Liegenschaftsvermögen vom übrigen Landesvermögen abgespalten worden. Die damalige rot-grüne Regierung erhoffte sich mehr Effizienz und Transparenz beim Bau und der Bewirtschaftung der Immobilien für die Landesverwaltung.