Faustschlag in Amtzell : Grüne in Südwest sprechen von „neuer Qualität“
Nach dem tätlichen Angriff auf einen Kommunalwahlkandidaten im baden-württembergischen Amtzell ermittelt der Staatsschutz die politischen Hintergründe. Wie am Wochenende bekannt wurde, war ein 37 Jahre alter Mann, der für die Kommunalwahl im Juni auf der Liste der Grünen kandidiert, bereits am Dienstag vergangener Woche von einem 57 Jahre alten Mann beleidigt und im Garten vor seinem Haus geschlagen worden. Wegen einer Jochbeinverletzung musste er in die Notaufnahme.
Der mutmaßliche Täter und das Opfer kannten sich nicht. Die Frau des Opfers ist Mitglied der Grünen, er selbst kandidiert als Parteiloser auf der neuen grünen Liste. Bislang gab es im dortigen Gemeinderat nur die Offene Bunte Liste (OBL). Die Listenaufstellung war zum Zeitpunkt der Tat nur wenigen Menschen bekannt. 2021 gewann die grüne Landtagsabgeordnete Petra Krebs den Wahlkreis Wangen – zu dem Amtzell gehört – mit 31,3 Prozent direkt. Die Gemeinde im württembergischen Allgäu liegt nah an der bayerischen Grenze.
Krebs macht für die aggressive Stimmung auch den bayerischen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger von den Freien Wählern verantwortlich: „Wenn ein Mitglied der bayerischen Regierung davon spricht, dass sich die Menschen die Demokratie zurückholen müssten, dann bleibt das nicht ohne Wirkung.“ Der Angriff, sagt Krebs, habe sie sehr überrascht, weil die Stimmung in ihrem Wahlkreis bislang gemäßigt gewesen sei. Vor ihrem Büro hätten Bauern zwar mal dreckige Gummistiefel abgestellt, nach der Absage des grünen politischen Aschermittwochs in Biberach hätten die Landwirte eine am gleichen Tag geplante Demonstration in Wangen jedoch spontan abgesagt.
Die grüne Landesvorsitzende Lena Schwelling sagte der F.A.Z.: „Tätliche Angriffe sind eine neue Qualität, wir befinden uns in einer Eskalationsspirale.“ Gewalt dürfe niemals Mittel der politischen Auseinandersetzung sein. Der grüne Fraktionsvorsitzende Andreas Schwarz sagte, in der Gesellschaft sei etwas „verrutscht“, wenn politische Veranstaltungen nur mit großem Polizeiaufgebot stattfinden könnten. Auf Einladung des Oberbürgermeisters von Biberach besucht Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am 22. März die Stadt.